Der schnelle Weg zum „Schmerzensgeld“? Anspruch auf Ersatz immateriellen Schadens wegen Verstoßes gegen die DSGVO

Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa • 29. April 2020
Vor Inkrafttreten der DSGVO bejahten deutsche Gerichte den Ersatz eines immateriellen Schadens („Geldentschädigung“) nur beim Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die DSGVO enthält mit Art. 82 Abs. 1 DSGVO eine zentrale Schadensersatznorm. Danach hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Eine besondere Schwere der Rechtsverletzung ist nach dem Wortlaut der Norm somit nicht erforderlich. Erste veröffentlichte Gerichtsentscheidungen zur Frage eines immateriellen Schadensersatzbegehrens nach der DSGVO deuten darauf hin, dass die deutschen Gerichte die früheren Rechtsprechungsgrundsätze zutreffend auch nicht „1 zu 1“ auf die neue Rechtslage übertragen. Aus größtenteils gut nachvollziehbaren Gründen wurde ein „Schmerzensgeld“ nach der DSGVO von den Gerichten in Deutschland und Österreich bislang dennoch zumeist verneint.

Der Beitrag skizziert in Grundzügen die Voraussetzungen des Art. 82 DSGVO im Hinblick auf den Ersatz eines immateriellen Schadens und vermittelt zugleich einen Überblick zu hierzu bislang veröffentlichten Gerichtsentscheidungen.

Bleiben neben dem Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO mögliche andere Anspruchsgrundlagen aus nationalem Recht anwendbar?

Neben dem Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO können grundsätzlich allgemeine Anspruchsgrundlagen nach nationalem Recht ebenso Anwendung finden, so etwa § 280 Abs. 1 BGB (bei Vorliegen eines Schuldverhältnisses), die deliktischen Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB (z.B. wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der verletzten Norm der DSGVO. Mögliche, hieraus resultierende Vorteile sind anhand des jeweiligen Einzelfalles zu prüfen.

Wer ist nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen eines immateriellen Schadens anspruchsberechtigt?

Anspruchsberechtigt ist nach dem Wortlaut des Art. 82 Abs. 1 dem Wortlaut „jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist“.

Hiervon erfasst sind bei einem immateriellen Schadensersatzbegehren zunächst die von einer Datenverarbeitung betroffenen, natürlichen Personen (vgl. Art. 4 Abs. 1 DSGVO).

Umstritten ist im datenschutzrechtlichen Schrifttum die Frage der Anspruchsberechtigung „dritter“ Personen, denen durch eine Datenverarbeitung gegenüber einer betroffenen Person ein Schaden entstanden ist. Auch wenn es sich in der Praxis eher um Ausnahmefälle handeln dürfte, erscheint dabei diejenige Ansicht vorzugswürdig, die eine Anspruchsberechtigung dritter natürlicher Personen nicht von Vornherein ausschließt, sondern auf eine Prüfung der Normvoraussetzungen im Einzelfall abstellt.

Worin besteht die Verletzungshandlung i.S.d. Art. 82 Abs. 1 DSGVO?

Als Verletzungshandlung kommt grundsätzlich jeder Verstoß gegen die Pflichten der DSGVO in Betracht. Die Verletzungshandlung muss kausal für den Schaden sein und der Schaden eine typisch-vorhersehbare Folge der Verletzungshandlung (Adäquanz).

Was ist ein immaterieller Schaden nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO? Welche Auffassungen werden hierzu bislang von Gerichten vertreten?

Die DSGVO definiert nicht, was unter einem immateriellen Schaden (auch: Nichtvermögensschaden) zu verstehen ist. Die DSGVO regelt auch keine Erheblichkeitsschwelle für die Bejahung eines immateriellen Schadens.

Nach einer weiten Auslegung des Schadensbegriffs könnte danach jeder Bagatellverstoß gegen die DSGVO zugleich einen immateriellen Schaden darstellen. Hiermit könnte insbesondere ein „Abschreckungseffekt“ im Hinblick auf die Begehung weiterer Rechtsverstöße erzielt werden. Damit könnte der Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO jedoch auch der erhöhten Gefahr eines Rechtsmissbrauchs in Form einer Kommerzialisierung des Schadensrechts ausgesetzt sei.

Deutschsprachige Gerichte gehen in bislang zur Thematik ergangenen Entscheidungen von einem eher engen Schadensbegriff aus:

•    Amtsgericht Diez, AG Diez, Urteil vom 7.11.2018 – 8 C 130/18: Die beklagte Online-Shop Betreiberin hatte nach Inkrafttreten der DSGVO sämtliche ihrer Kunden angeschrieben und um Zustimmung für den Erhalt eines E-Mail Newsletters gebeten. Der Kläger hatte betreffend diese Bitte um Zustimmung keine vorherige Einwilligung erteilt und verlangte u.a. einen immateriellen Schadensersatz, der nicht unter 500,00 € liegen sollte. Die Beklagte hatte daraufhin einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 50,00 € anerkannt. Nach Auffassung des Amtsgerichts Diez sei damit ein möglicher Schadensersatzanspruch jedenfalls abgegolten. Eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung sei für einen Anspruch auf "Schmerzensgeld" nach der DSGVO zwar nicht erforderlich. Jedweder Bagatellverstoß ohne ernsthafte Beeinträchtigung reiche jedoch für die Gewährung eines immateriellen Schadensersatzes nicht aus. Dem Betroffenen müsse vielmehr ein spürbarer Nachteil entstanden sein und es müsse um eine objektiv nachvollziehbare, mit gewissem Gewicht erfolgte Beeinträchtigung von persönlichkeitsbezogenen Belangen gehen.

•    Amtsgericht Bochum, Beschluss vom 11.03.2019 - 65 C 485/18, betreffend Prozesskostenhilfe: Die Antragsgegnerin war zur Betreuerin des Antragstellers bestellt worden. Sie soll nicht näher bezeichnete Daten des Antragstellers ohne dessen Einwilligung an dessen Vermieter weitergegeben haben und ihre Bestellungsurkunde an den Rechtsanwalt des Antragstellers mit unverschlüsselter E-Mail gesendet haben. Nach Ansicht des AG Bochum mag die Übersendung der Betreuungsurkunde mittels einer unverschlüsselten E-Mail zwar einen Verstoß gegen Art. 32 DSGVO darstellen. Ein wie auch immer gearteter Schaden sei jedoch vom Antragsteller nicht dargelegt worden und auch nicht ersichtlich.

•    OLG Dresden, Hinweisbeschluss vom 11.6.2019 – 4 U 760/19, betreffend die beabsichtigte Zurückweisung einer Berufung: Der Kläger verlangte von der beklagten Betreiberin eines sozialen Netzwerks u.a. immateriellen Schadensersatz i.H.v. 150,00 € wegen der Löschung eines Postings und vorübergehenden Sperrung des Nutzerkontos des Klägers. Wie die Vorinstanz verneint das OLG Dresden einen immateriellen Schadensersatzanspruch. Die dreitägige Sperrung des Nutzerkontos habe allenfalls Bagatellcharakter und stelle keine ernsthafte Beeinträchtigung der Persönlichkeitsentfaltung des Klägers dar. Einen Schadensersatzanspruch hält das OLG Dresden jedoch in Fällen denkbar, in denen ein Datenschutzrechtsverstoß eine Vielzahl von Personen betrifft und dieser Verstoß Ausdruck einer „bewussten, rechtswidrigen und im großen Stil betriebenen Kommerzialisierung" sei.

•    Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 02.08.2019 - 8 O 26/19: Die Klägerin verlangt von einer Auskunftei 10.000,00 € immateriellen Schadensersatz wegen angeblich unrichtiger Datenspeicherung und -verarbeitung und eines daraus resultierenden, niedrigen Score-Wertes, der wiederum zu einer Verweigerung von Kreditvergaben an die Klägerin geführt habe. Das LG Karlsruhe weist die Klage ab. Die Ermittlung eines Score-Wertes stelle für sich zunächst keinen Verstoß gegen die DSGVO dar. Ein Verstoß komme in Betracht, wenn der Score-Wert auf einer falschen Tatsachengrundlage berechnet werde. Hierzu habe die Klägerin nicht hinreichend vorgetragen. Auch das LG Karlsruhe ist der Auffassung, dass es für die Geltendmachung eines immateriellen Schadens nach der DSGVO wohl keiner schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung bedarf. Es müsse jedoch eine tatsächliche Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegen, die etwa in einer durch die unrechtmäßige Zugänglichmachung von Daten liegenden "Bloßstellung" gesehen werden könne. Die Ablehnung des Abschlusses eines Kreditvertrages, sofern diese überhaupt auf einer unzutreffend ermittelten Score-Wert beruhe, begründe hingegen nicht ohne Weiteres eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung.

•    Landgericht Feldkirch (Österreich), Beschluss vom 07.08.2019 - 57 Cg 30/19b – 15: Der Kläger verlangt 2.500,00 € immateriellen Schadensersatz von der beklagten Österreichischen Post AG. Diese habe ohne Einwilligung des Klägers dessen personenbezogene Daten verarbeitet, dabei mittels Marketinganalyseverfahren die individuellen Affinitäten des Klägers zu politischen Parteien ermittelt und hieraus resultierende Daten gespeichert. Der Kläger meint zudem, von ihm verlangte datenschutzrechtliche Auskünfte seien von der Beklagten zu spät erteilt worden und zudem inhaltlich unrichtig. Das Gericht bejaht hier einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 800,00 €. Bei den von der Beklagten ermittelten Parteiaffinitäten des Klägers handele es sich um besondere Kategorien von Daten i.S.d. Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Die Verarbeitung solcher Daten sei nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO generell untersagt. Erlaubnistatbestände nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO, insbesondere eine Einwilligung des Klägers, seien nicht einschlägig. Der Kläger sei auch nicht über die Datenverarbeitung informiert worden. Vor dem Hintergrund, dass die Daten des Klägers jedoch nicht an Dritte übermittelt wurden, sei hier ein Schadensersatzbetrag in Höhe von 800,00 € angemessen. Im Übrigen begründeten nach Ansicht des Gerichts die von der Beklagten verspätet erteilten Auskünfte und Informationen keinen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens.

Auf die Berufung beider Parteien hin änderte das OLG Innsbruck Urteil v. 13.02.2020 , Az.: 1 R 182/19 b, die Entscheidung des LG Feldkirch dahingehend ab, dass die Berufung des Klägers zurückgewiesen, der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage auf immateriellen Schadensersatz somit vollumfänglich abgewiesen wurde.

Nach Ansicht des OLG Innsbruck habe der Kläger den von ihm behaupteten Schaden nicht hinreichend dargelegt. Das Tatbestands­merkmal des erlittenen Schadens sei nicht mit einer Rechtsverletzung der DSGVO als solcher gleichzusetzen. Ein bloßer Kontrollverlust über die betreffenden Daten und ein hiermit verbundenes "Ungemach" reiche zur Begründung eines immateriellen Schadens nicht aus. Der Kläger habe nicht vorgetragen, wie sich der behauptete Kontrollverlust über die Daten konkret auf seine Persönlichkeit und sein Leben ausgewirkt habe.

Welcher Verschuldensmaßstab ist anzuwenden?

Der Verstoß muss vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sein. Nach Art. 82 Abs. 3 DSGVO wird der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter von der Haftung gemäß Absatz 2 befreit, wenn er nachweist, dass er in keinerlei Hinsicht für den Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, verantwortlich ist. Es besteht somit eine Vermutung des Verschuldens, von der sich der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter befreien können (Beweislastumkehr).

Gegen wen besteht der Anspruch?

Anspruchsgegner kann sowohl der Verantwortliche i.S.d. Art. 4 Nr. 7 als auch der Auftragsverarbeiter i.S.d. Art. 4 Nr. 8 sein.

Nach Art. 82 Abs. 1 S. 1 DSGVO haftet jeder an einer Verarbeitung beteiligte Verantwortliche für den Schaden, der durch eine nicht dieser Verordnung entsprechende Verarbeitung verursacht wurde.

Ein Auftragsverarbeiter haftet nach der Haftungsprivilegierung des Art. 82 Abs. 2 S. 2 DSGVO für den durch eine Verarbeitung verursachten Schaden nur dann, wenn er seinen speziell den Auftragsverarbeitern auferlegten Pflichten aus der DSGVO nicht nachgekommen ist oder unter Nichtbeachtung der rechtmäßig erteilten Anweisungen des für die Datenverarbeitung Verantwortlichen oder gegen diese Anweisungen gehandelt hat.

Art. 82 Abs. 4 DSGVO regelt zudem eine gesamtschuldnerische Haftung, wenn mehr als ein Verantwortlicher oder mehr als ein Auftragsverarbeiter bzw. sowohl ein Verantwortlicher als auch ein Auftragsverarbeiter an derselben Verarbeitung beteiligt und sind sie gemäß den Absätzen 2 und 3 für einen durch die Verarbeitung verursachten Schaden verantwortlich sind.

Wer kann den Anspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO (gerichtlich) geltend machen?

Der Anspruch kann zum Einen von der betroffenen Person selbst geltend gemacht werden.

Nach Art. 80 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person zudem das Recht, eine „Einrichtung, Organisationen oder Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die ordnungsgemäß nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist, deren satzungsmäßige Ziele im öffentlichem Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig ist“, zu beauftragen, in ihrem Namen das Recht auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, sofern dieses im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist. Umstritten ist, ob es sich bei Art. 80 Abs. 1 DSGVO um eine Form der gewillkürten Prozessstandschaft handelt, bei der der Verband in eigenem Namen das Recht der betroffenen Person geltend macht oder ab es sich um eine Form der Vertretungsbefugnis handelt. Derzeit sieht § 79 Abs. 2 Nr. 3 ZPO vor, dass sich die Parteien durch „Verbraucherzentralen und andere mit öffentlichen Mitteln geförderte Verbraucherverbände bei der Einziehung von Forderungen von Verbrauchern im Rahmen ihres Aufgabenbereichs“ vor Gericht vertreten lassen können. Die rechtliche Zulässigkeit einer Vertretungsbefugnis nach Art. 80 Abs. 1 DSGVO sollte somit im Einzelfall vorab sorgfältig geprüft werden.

Auch die Frage, ob Ansprüche auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO möglicherweise im Wege der Musterfeststellungsklage nach §§ 606 ff. ZPO geltend gemacht werden können, bedarf einer sorgfältigen Prüfung im konkreten Fall. Da die Musterfeststellungsklage Rechtsverhältnisse zwischen einem Unternehmer und Verbraucher zum Gegenstand hat und zudem auch deliktische Ansprüche erfasst sein können, erscheint der Anwendungsbereich der Musterfeststellungsklage zumindest nicht von Vornherein ausgeschlossen zu sein.

Ist der Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens abtretbar?

Im datenschutzrechtlichen Schrifttum ist umstritten, ob ein Anspruch nach Art. 82 DSGVO auf Ersatz eines immateriellen Schadens abtretbar ist (§ 398 BGB). Vor Inkrafttreten der DSGVO war der Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens im Falle einer Persönlichkeitsrechtsverletzung wegen seines höchstpersönlichen Charakters und dem hieraus resultierenden Abtretungsverbot nach § 399 BGB nicht abtretbar. Eine gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs nach Art. 82 DSGVO aus abgetretenem Recht ist hiernach jedenfalls mit hohen rechtlichen Risiken verbunden.

Welches Gericht ist zuständig?

Für die internationale Zuständigkeit gilt Folgendes: Nach Art. 82 Abs. 6 DSGVO sind mit Gerichtsverfahren zur Inanspruchnahme des Rechts auf Schadenersatz die Gerichte zu befassen, die nach den in Art. 79 Abs. 2 genannten Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats zuständig sind.

Nach Art. 79 Abs. 2 S. 1 DSGVO sind für Klagen gegen einen Verantwortlichen oder gegen einen Auftragsverarbeiter die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter eine Niederlassung hat. Nach Art. 79 Abs. 2 S. 2 DSGVO können solche Klagen wahlweise auch bei den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dem die betroffene Person ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, es sei denn, es handelt sich bei dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter um eine Behörde eines Mitgliedstaats, die in Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse tätig geworden ist.

Für die nationale Zuständigkeit gelten die Regelungen nach §§ 12 ff. ZPO. Insbesondere kommt auch der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO in Betracht.

Wer muss das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen beweisen?

Die Frage der Beweislast ist, insbesondere vor dem Hintergrund der sogenannten Rechenschaftspflicht des Verantwortlichen nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO, umstritten. Grundsätzlich trägt der Anspruchsteller nach zivilprozessualen Grundsätzen die Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen. Hiervon gehen auch die Gerichte in den oben zitierten Entscheidungen aus.

Fazit

Die zentrale Schadensersatznorm des Art. 82 DSGVO und der darin geregelte Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens stärkt die Rechte von betroffenen Personen bei Verstößen gegen die DSGVO. Insbesondere die in Art. 82 Abs. 3 DSGVO geregelte Verschuldensvermutung sollte einen Vorteil für den Anspruchsteller im Rahmen der Rechtsdurchsetzung darstellen. Vorbereitend kann die betroffene Person dabei ihr Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO Gebrauch machen und die hieraus gewonnen Erkenntnisse rechtlich verwerten.

Erste veröffentlichte Gerichtsentscheidungen zu immateriellen Schadensersatzbegehren nach Art. 82 DSGVO deuten darauf hin, dass die Norm von der Rechtsprechung weitgehend sachgerecht und „mit Augenmaß“ gehandhabt werden wird. Ein immaterieller Schadensersatz im Falle von Verstößen gegen Hinweis- und Auskunftspflichten dürfte hiernach wohl nur in gut begründeten Ausnahmefällen zugesprochen werden.

Die Verurteilung zu einem angemessenen „Schmerzensgeld“ dürfte insbesondere bei Verstößen in Zusammenhang mit der rechtswidrigen Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten i.S.d. Art. 9 Abs. 1 DSGVO in Betracht kommen, also z.B. bei der rechtswidrigen Erhebung und Verwendung von Gesundheitsdaten und Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen hervorgehen. Auch hier stellt jedoch grundsätzlich nicht bereits der jeweilige Verstoß für sich einen immateriellen Schaden dar. Es ist vielmehr zu konkret eingetretenen Nachteilen als Folge des Verstoßes, z.B. bei einer erlittenen "Bloßstellung" durch den Rechtsverstoß, vorzutragen.

von Tarek Alexander Issa 27. Juni 2025
1. Einführung Insbesondere in Großstädten wie Berlin finden sich in Durchgangsbereichen von Mehrfamilienhäusern mit zahlreichen Mietwohnungen (z.B. im Eingang, im Hausflur, im Treppenhaus, im Innenhof oder im Keller) mitunter Videokameras oder auch (nicht ohne Weiteres als solche erkennbare) Videokameratrappen. Die Videokameras werden zumeist auf Geheiß des Eigentümers aufgrund von vermehrt in der Umgebung auftretenden Einbruchsdiebstählen oder Sachbeschädigungen installiert und sollen in der Regel einen Abschreckungseffekt erzielen. Gegebenenfalls gespeicherte Aufzeichnungen können zudem die Aufklärung möglicher Straftaten erleichtern. Auch wenn einzelne Hausbewohner und/oder Nachbarn einer Installation von Videokameras ausdrücklich zustimmen oder diese stillschweigend hinnehmen sollten, kann hieraus regelmäßig nicht der Schluss gezogen werden, dass die durchgeführten Videoüberwachungsmaßnahmen auch vollumfänglich rechtlich zulässig sind. Im Gegenteil beurteilen Zivilgerichte Videoüberwachungsmaßnahmen in Mehrfamilienhäusern und im Nachbarschaftskontext in der Regel im Streitfall sehr kritisch und sehen diese als rechtswidrig an. 2. Gerichtliche Einzelfallentscheidungen zu Videoüberwachungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Mehrfamilienhäusern und Nachbargrundstücken (nicht abschließend) In der Vergangenheit haben Zivilgerichte in Einzelfällen eine private Videoüberwachung • des Außenbereichs vor dem Eingang bei einem Gebäude mit mehreren vermieteten Wohnungen (OLG München NZM 2005, 668; LG Berlin NZM 2001, 207; AG Berlin-Schöneberg BeckRS 2012, 21995), • des für Grundstücknachbarn zugänglichen, öffentlichen Grundstückswegs (BGH NJW 1995, 1955), • des eigenen Grundstücks mit der technischen Möglichkeit, mittels einer beweglichen Videokamera das Nachbargrundstück zu erfassen (AG Brandenburg GRUR-RS 2024, 33940), • des Treppenhauses eines Mehrfamilienhauses (AG München BeckRS 2010, 08929; AG Köln GRUR-RS 2021, 34445), • des Aufzugs eines Mehrfamilienhauses (KG NZM 2009, 736), • der gemeinschaftlichen Waschküche eines Mehrfamilienhauses (OLG Köln NJW 2005, 2997 – hier lag zudem eine heimliche Videoüberwachung vor) und • der Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses (OLG Düsseldorf NJW 2007, 780) als rechtswidrig beurteilt, weil die dortige Videoüberwachung die jeweiligen Kläger (zumeist Mieter oder Nachbarn) in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG verletze. Hieraus resultiert regelmäßig ein Unterlassungsanspruch nach §§ 823 I, 1004 BGB. 3. Die bei privater Videoüberwachung zumeist überragende Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Betroffenen Ob und in welchem Umfang die Fertigung von Videoaufnahmen ohne Einwilligung des Betroffenen in öffentlich (also für Dritte) zugänglichen Bereichen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet oder aber vom Betroffenen hinzunehmen ist, kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) grundsätzlich nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung aller rechtlich, insbesondere auch verfassungsrechtlich, geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter- und Interessenabwägung ermittelt werden (vgl. BGH NJW 1995, 1955, 1957). Auch wenn hiernach stets eine Einzelfallprüfung angezeigt ist, fällt die durchzuführende Abwägung in Fällen von Videoüberwachungen im Wohnraum- und Nachbarschaftskontext in der Regel zugunsten des Persönlichkeitsrechts des von der Videoüberwachung Betroffenen und zu Lasten des die Videoüberwachung durchführenden Eigentümers (vgl. Art. 14 I GG) aus. Auch die Interessen Dritter (z.B. das Eigentum der Mieter oder ihre körperliche Unversehrtheit (vgl. Art. 2 II 1 GG) stehen in der Regel hinter dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des von der Videoüberwachung Betroffenen zurück (vgl. hierzu auch Elzer, NJW 2013, 3537, 3538: ”Abwägung eher ein Lippenbekenntnis, die in aller Regel jedenfalls zu Lasten des Grundstückseigentümers ausfällt...” ). Grund hierfür ist im Wesentlichen, dass mit einer vom Betroffenen nicht kontrollierbaren privaten Videoüberwachung ein zumeist nicht mehr hinnehmbarer ”Überwachungsdruck” einhergeht (vgl. BGH NJW 1995, 1955, 1957). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der von der Videoüberwachung in Wohnbereichen Betroffenen überwiegt grundsätzlich selbst dann, wenn es in der Vergangenheit bereits zu Eigentumsverletzungen, etwa durch Farbschmierereien, sonstige Sachbeschädigungen oder Diebstähle, gekommen ist (vgl. BGH NJW 1995, 1955, 1957) und/oder wenn die Mehrheit der Betroffenen einer Videoüberwachung zugestimmt haben sollte (LG München I BeckRS 2022, 31703: ”Ein Hinweis, dass mehr als 90 % der Bewohner die Videoüberwachung befürworten, macht das fehlende Einverständnis eines Mieters nicht unbeachtlich.” ). Im Verhältnis zu unbeteiligten Dritten hält die Rechtsprechung eine Videoüberwachung allenfalls dann für zulässig, wenn der Überwachende schwerwiegende Beeinträchtigungen seiner Rechte, etwa Angriffe auf seine Person oder seine unmittelbare Wohnsphäre, nicht in anderer Weise zumutbar abwehren kann. In der Regel sei es dem Überwachenden aber möglich und zumutbar, seinen Bereich auf andere Weise zu schützen, etwa durch nächtliche Beleuchtung des Hausflurs, den Einbau einer Schließanlage oder häufigere Kontrollen des Hausmeisters (LG Berlin NZM 2001, 207). 4. Wie wird die Zulässigkeit einer Videokamera-Attrappe beurteilt? Der durch eine nicht als solche erkennbare Videokamera-Attrappe erzeugte Überwachungsdruck entspricht nach Ansicht der Rechtsprechung regelmäßig dem einer funktionsfähigen Videokamera, sodass die Anforderungen an die Rechtfertigung mit der tatsächlichen Überwachung gleichzusetzen seien (vgl. LG Berlin BeckRS 2015, 20834). 5. Welcher Beurteilungsmaßstab gilt nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)? Personenbezogene Daten nach der DSGVO werden mit Videokameras verarbeitet (vgl. Art. 2 I und 4 Nr. 1 und 2 DSGVO), wenn einzelne Personen auf den Bildern eindeutig zu erkennen sind oder die Aufnahmen Rückschlüsse auf die Identität des Gefilmten ermöglichen (vgl. hierzu und zu den nachfolgenden Ausführungen auch die Orientierungshilfe Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen der Datenschutzkonferenz (DSK)). Personen können regelmäßig identifiziert werden, wenn Gesichtszüge erkennbar abgebildet sind. Auch aus den Begleitumständen einer Aufnahme kann sich ein Bezug zu einer bestimmten Person ergeben. Beispielsweise durch ein bestimmtes Körperbild, mitgeführte Gegenstände, besondere oder einzigartige Verhaltensweisen oder durch eine Kombination entsprechender Informationen (Ort, Datum, Zeit, Verhalten, etc.). Durch Videokamera-Attrappen werden grundsätzlich keine personenbezogenen Daten verarbeitet. Daher finden die Vorschriften der DSGVO und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) keine Anwendung. Aufgrund des durch die Videokamera-Attrappe erzeugten Überwachungsdrucks kann jedoch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegen (s.o. unter Ziffer 4.). a) Mögliche Erlaubnistatbestände nach der DSGVO Im Anwendungsbereich der DSGVO ist nach Art. 6 I S. 1 DSGVO eine Datenverarbeitung nur rechtmäßig, wenn mindestens einer der Erlaubnistatbestände nach Art. 6 I lit. a) bis f) DSGVO erfüllt ist. Es gilt somit ein sogenanntes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Im Hinblick auf die mögliche Rechtmäßigkeit von Videoüberwachungsmaßnahmen im Wohnraumkontext ergeben sich hiernach folgende grundsätzliche Erwägungen. aa) Eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO von sämtlichen Betroffenen liegt in der Regel nicht vor Bei einer Videoüberwachung kann der Verantwortliche die gesetzlichen Anforderungen einer Einwilligung nach Art. 7 DSGVO als Erlaubnistatbestand iSd Art. 6 I lit. a) DSGVO in der Regel nicht bei jedem einzelnen Betroffenen erfüllen. Grund dafür ist, dass Kameras regelmäßig (auch) öffentlich zugängliche Räume und damit eine unbestimmte Zahl von Personen überwachen. Daher wird der Verantwortliche mögliche Einwilligungen aller überwachten Personen nur schwer nachweisen können. Zudem müsste sichergestellt sein, dass keine weitere Datenverarbeitung mehr erfolgt und personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, nachdem eine Person ihre Einwilligung widerrufen hat. Das bloße Betreten eines speziell gekennzeichneten Bereichs stellt keine Einwilligung in eine Videoüberwachung dar. bb) Abwägung nach Art. 6 I lit. f) DSGVO als möglicher Erlaubnistatbestand bei Videoüberwachungsmaßnahmen Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Videoüberwachungsmaßnahmen durch sogenannte ”nichtöffentliche Stellen” richtet sich somit grundsätzlich nach den Vorgaben von Art. 6 I lit. f) DSGVO. Danach ist die Verarbeitung rechtmäßig, soweit sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen (vgl. Art. 4 Nr. 7 DSGVO) oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung nach Art. 6 I lit. f) beurteilt sich somit auf Grundlage einer dreistufigen Prüfung (berechtigte Interessen, Erforderlichkeit, Interessenabwägung). Abzustellen ist dabei nicht auf abstrakte oder vergleichbare Sachverhalte. Maßgeblich sind vielmehr auch hier stets die konkreten Umstände des Einzelfalls. Verstöße gegen die DSGVO können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des Betroffenen gegen den Verantwortlichen begründen (vgl. § 823 II BGB i.V.m. Art. 6 I lit. f) DSGVO und § 1004 BGB; Art. 82 I DSGVO) und können aufsichtsrechtliche Maßnahmen, insbesondere die Verhängung eines behördlichen Bußgeldes (vgl. Art. 83 f. DSGVO), zur Folge haben. (1) Berechtigte Interessen Berechtigte Interessen im Rahmen der Abwägung nach Art. 6 I lit. f) DSGVO können solche des Verantwortlichen sein, aber auch sogenannte Drittinteressen. Ein berechtigtes Interesse seitens des Verantwortlichen kann etwa vorliegen, wenn die Videoüberwachung bezweckt, Eigentum vor Einbruch, Diebstahl oder Vandalismus zu schützen und eine konkrete Gefährdungslage gegeben ist. Soweit berechtigte Interessen des Verantwortlichen zu bejahen sind, müssen diese bereits vor der Videoüberwachung für konkret festgelegte Zwecke bestimmt und dokumentiert worden sein. Allgemeine Umschreibungen reichen hierfür grundsätzlich nicht aus. (2) Erforderlichkeit Unter dem Aspekt der Erforderlichkeit ist vor dem Einsatz einer Videoüberwachung zu prüfen, ob mit alternativen (Sicherheits-)Maßnahmen der mit einer Videoüberwachung verfolgte Zweck ebenso gut erreicht werden kann, z.B. durch eine Umzäunung, Kontrollgänge von Bewachungspersonal, Wertschließfächer, heller Beleuchtung, Sicherheitsschlösser, oder einbruchssichere Fenster und Türen. Die Ausschöpfung und Prüfung möglicher alternativer Maßnahmen müssen dabei vorab dokumentiert werden. Auch die technischen Funktionalitäten der eingesetzten Kameras, wie eine hohe Auflösung oder eine unnötige Zoomfunktion und die Form der Beobachtung (z.B. Speicherung der Aufnahmen statt bloßem Monitoring) sind im Rahmen der Erforderlichkeit zu beurteilen. Zu prüfen und zu dokumentieren sind zudem insbesondere auch die Festlegung von Zugriffsberechtigungen und -beschränkungen und die Speicherdauer. (3) Interessenabwägung Auf der dritten Stufe sind im Rahmen einer Interessenabwägung die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (vgl. insbesondere das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 7 GRCh und das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten nach 8 GRCh) sowie die Auswirkungen, die eine Videoüberwachung für diese mit sich bringt, zu berücksichtigen. Gemäß Art. 6 I lit. f DSGVO ist von einer überwiegenden Schutzbedürftigkeit der Betroffeneninteressen insbesondere dann auszugehen, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Je tiefer durch eine Videoüberwachung in die Privat- oder gar die Intimsphäre eingegriffen wird (vgl. hierzu auch den Straftatbestand des § 201a StGB ), umso mehr Gewicht ist dem Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen einzuräumen. Zu berücksichtigen sind dabei etwa der räumliche und zeitliche Umfang der Videoüberwachung und wiederum auch technische Faktoren, wie z.B. die Höhe der Auflösung und Zoom- und Schwenkbarkeit sowie die Speicherung und ggf. Speicherdauer. Nach Erwägungsgrund 47 der DSGVO sind im Rahmen der Interessenabwägung auch die „vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen”, zu berücksichtigen. Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung soll sich daher auch danach beurteilen, ob diese in bestimmten Bereichen der Sozialsphäre (also Bereiche, in denen sich eine Person bewusst in der Öffentlichkeit bewegt) typischerweise akzeptiert oder abgelehnt wird. Von einer fehlenden sozialen Akzeptanz wird regelmäßig insbesondere im Nachbarschaftskontext oder in Individualbereichen wie Wohnen ausgegangen. b) Dokumentations-, Rechenschafts- und Hinweispflichten nach der DSGVO Bei privaten Videoüberwachungen gelten nach der DSGVO zudem umfangreiche Dokumentations- und Rechenschafts- und Hinweispflichten. Zur Dokumentation ist insbesondere ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten gemäß Art. 30 I DSGVO zu erstellen. Im Rahmen seiner Rechenschaftspflicht ist der Verantwortliche verpflichtet, die Einhaltung der Grundsätze des Art. 5 I DSGVO nachweisen zu können (Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz, Zweckbindung, Datenminimierung, Richtigkeit, Speicherbegrenzung, Integrität und Vertraulichkeit). Aus den Vorgaben aus Art. 12 ff. DSGVO ergeben sich zudem umfangreiche Hinweispflichten, wie insbesondere den Hinweis auf den Umstand der Beobachtung durch ein Piktogramm mit Kamerasymbol und die Information über die Identität des für die Videoüberwachung Verantwortlichen und dessen Kontaktdaten (vgl. Art. 13 I und II DSGVO). Auch das Erfordernis der Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 I DSGVO ist vorab zu prüfen. 6. Fazit Eine private Videoüberwachung im Wohnraum- und Nachbarschaftskontext stellt in der Regel einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und zugleich eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der DSGVO dar. Durch die Verwendung einer (nicht als solcher erkennbaren) Videokamera-Attrappe erfolgt zwar in der Regel keine Datenverarbeitung im Sinne der DSGVO. Wegen des erzeugten Überwachungsdrucks kann eine Videokamera-Attrappe jedoch einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründen. Die Einwilligung einzelner Betroffener oder auch einer Mehrheit der Betroffenen in die Durchführung einer privaten Videoüberwachungsmaßnahme führt in der Regel nicht zur Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung in ihrer Gesamtheit. Zumeist wird eine (den Anforderungen der DSGVO genügende) Einwilligung sämtlicher Betroffener aus tatsächlichen Gründen auch nicht eingeholt werden können. Die Rechtmäßigkeit des durch die private Videoüberwachung einhergehenden Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und der mit ihr zugleich erfolgenden Datenverarbeitung ist anhand einer umfassenden Abwägung der vorhandenen Interessen, insbesondere der sich im konkreten Einzelfall gegenüberstehenden Grundrechtsgüter, vorab zu prüfen und zu dokumentieren. In der Regel überwiegt bei einer Videoüberwachung im Wohn- und Nachbarschaftskontext aufgrund des mit ihr einhergehenden Überwachungsdrucks jedoch das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen (insbesondere bei Kindern) die mit der Videoüberwachung verfolgten (berechtigten) Interessen, wie dem Schutz des Eigentums oder der körperlichen Unversehrtheit. Für die Rechtmäßigkeit einer Videoüberwachung nach der DSGVO hat der datenschutzrechtlich Verantwortliche zudem umfangreiche Dokumentations-, Rechenschafts- und Hinweispflichten zu beachten. Sprechen Sie mich gerne an, wenn Sie erwägen sollten, private Videoüberwachungsmaßnahmen zu implementieren (z.B. als Eigentümer oder vom Eigentümer beauftragte Hausverwaltung) oder wenn Sie sich durch private Videoüberwachungsmaßnahmen in ihren Rechten verletzt sehen (z.B. als Mieter oder Nachbar). Als Anwalt für Datenschutzrecht freue ich mich auf Ihre Kontaktaufnahme .
von Tarek Alexander Issa 13. Juni 2025
Für die aktuelle Ausgabe 11/2025 der GRUR-Prax durfte ich eine Anmerkung zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster ( Beschluss vom 11.04.2025, Az. 1 L 59/25 ) verfassen. Das VG Münster hatte im einstweiligen Rechtsschutz entschieden, dass eine Stadtbücherei ein von ihr bereitgestelltes Buch mit dem Hinweis versehen darf, dass es sich um ein „Werk mit umstrittenem Inhalt“ handele. Über die Entscheidung war in verschiedenen Medien, wie z.B. LTO , WELT Online oder ZEIT Online berichtet worden.
von Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa 25. November 2020
Das LG Dresden hat mit Urteil vom 29.05.2020 (Az. 6 O 76/20) entschieden, dass die dort beklagte Klinik gegenüber der klagenden ehemaligen Patientin unentgeltlich Auskunft über die von der Klinik gespeicherten personenbezogenen Daten durch Übermittlung der vollständigen Behandlungsdokumentation im pdf-Format zu erteilen habe.
von Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa 12. November 2020
Die offenbar nicht im deutschen Handelsregister eingetragene "Digi Medien GmbH" mit Sitz in der Centerville Rd., New Castle County, 19808 Wilmington Delaware, USA, versendet derzeit zahlreiche Fax-Formulare für einen "Online-Brancheneintrag", "Business Eintrag" oder "Brancheneintrag Berlin" an Arztpraxen, andere Freiberufler und Unternehmen.
von Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa 14. September 2020
Die Datenschutzkonferenz (DSK), das Gremium der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, hat eine neue Orientierungshilfe zur Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen veröffentlicht.
von Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa 7. September 2020
Das Amtsgericht Westerstede hat sich im Rahmen eines Kostenbeschlusses gemäß § 91a ZPO (Beschluss vom 30.12.2019, Az. 27 C 660/19) mit der Frage der rechtlichen Zulässigkeit der Androhung der Weitergabe von personenbezogenen Daten durch Inkassounternehmen an Dritte, wie z.B. Auskunfteien, Dienstleister, Drittschuldner, Einwohnermeldeämter oder Gerichtsvollzieher befasst.
von Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa 19. Mai 2020
Das OLG Köln hat mit Berufungsurteil vom 06.03.2020 (Az. 6 U 140/19) entschieden, dass die als Blickfang gestaltete Werbung auf der Webseite einer als GbR organisierten Zahnarztpraxis für einen „Zahnärztlichen Notdienst“ in ihrer dortigen konkreten Gestaltung irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 UWG und damit lauterkeitsrechtlich unzulässig ist. Die Werbung erwecke bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verbraucherkreise den Eindruck, dass es sich um einen von der Zahnärztekammer organisierten Notdienst handele. Die von den Beklagten genutzte Internetadresse lasse nicht erkennen, dass es sich um die Webseite einer Praxis oder Zahnklinik handele. Der durch „Runterscrollen“ zu erreichende Hinweis am Ende der Seite, dass es sich nicht um einen Notdienst der Kassenzahnärztlichen Vereinigung oder der örtlichen Zahnärztekammer handele, könne die Irreführung hier nicht beseitigen. Der Beitrag fasst die wesentlichen Erwägungen des OLG Köln aus seinem Berufungsurteil im Hinblick auf den Irreführungstatbestand nach §
von Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa 19. April 2020
Der Beitrag soll einen Überblick zu grundlegenden Fragen der Hemmung der Verjährung von Geldforderungen durch Zustellung eines Mahnbescheids (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) sowie zum regelmäßigen Ablauf eines gerichtlichen Mahnverfahrens (vgl. § 688 ff. ZPO) vermitteln.
von Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa 4. Juli 2019
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 21.02.2019 (Az. I ZR 15/18) entschieden, dass die Vernichtung einer urheberrechtlich geschützten Kunstinstallation durch deren Erwerber und Eigentümer eine Beeinträchtigung des urheberrechtlichen Werkes i. S. d. § 14 UrhG und damit eine Urheberpersönlichkeitsrechtsverletzung darstellt, die grundsätzlich auch Schmerzensgeldansprüche des Urhebers begründen kann.
von Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa 22. Oktober 2018
Wenn beide Parteien des einstweiligen Verfügungsverfahrens als Rechtsanwälte tätig sind, kommt eine Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch Zustellung von Anwalt zu Anwalt nach § 195 ZPO an den Antragsgegner in Person nur in Betracht, wenn sich der Antragsgegner im Sinne von § 78 Abs. 4 ZPO selbst anwaltlich vertritt. Eine hiernach rechtsfehlerhaft vollzogene einstweilige Verfügung hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 12.06.2018 (Az. 103 O 82/17) aufgehoben.