LG München I: unbegründete Abmahnung wegen fehlender markenmäßiger Benutzung bei Modellbezeichnung
Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa • 9. August 2018
1. Zusammenfassung
Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 26.09.2017 (LG München I, Az. 33 O 19313/16) entschieden, dass die Bezeichnung „... Modell: Sam“ für Hosenmodelle keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr mit der eingetragenen Marke „SAM“ im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründet, weil in der konkreten Benutzungsform keine „markenmäßige Benutzung“ im Sinne der Herkunftsfunktion der Marke, sondern eine bloße Modellbezeichnung liege.
Die von der beklagten Markeninhaberin an eine Abnehmerin der Klägerin gerichtete, markenrechtliche Abmahnung sei hiernach unberechtigt gewesen und der Klägerin stünden somit Unterlassungsansprüche gegen die beklagte Markeninhaberin wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgebübten Gewerbebetrieb der Klägerin nach §§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB zu.
2. Rechtliche Ausgangslage
2.1. Erfordernis der markenmäßigen Benutzung
Nach § 14 Abs. 5 MarkenG kann der Inhaber einer Marke u. a. von einem Dritten Unterlassung verlangen und damit eine hierauf begründete Abmahnung aussprechen, wenn der Dritte ohne Zustimmung des Inhabers im geschäftlichen Verkehr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ein Zeichen benutzt,
„wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird“ (sog. Verwechslungsgefahr).
Die Hauptfunktion der eingetragenen Marke besteht in der sog. Herkunftsfunktion: Mit der Marke sollen die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens unterschieden werden können. Der Tatbestand der Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt daher grundsätzlich voraus, dass der Verwender das Zeichen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise „markenmäßig benutzt“.
Liegt keine markenmäßige Benutzung vor, fehlt es somit auch an einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr und eine hierauf gestützte Abmahnung des Markeninhabers wäre unbegründet.
2.2. Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bei unberechtigter markenrechtlicher Abmahnung
Die unberechtigte Abmahnung gegenüber einem Unternehmer kann einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des abgemahnten Unternehmers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB und einen Unterlassungsanspruch gegen den Abmahnenden nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog begründen.
Auch wenn eine Abmahnung nicht an den Betriebsinhaber selbst, sondern an seinen gewerblichen Abnehmer gerichtet ist, kann ein rechtswidriger Eingriff in das Recht des Betriebsinhabers in Betracht kommen.
3. Entscheidung des LG München I
3.1. Sachverhalt
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Unterlassung im Zusammenhang mit einer von der Beklagten an eine gewerbliche Abnehmerin der Klägerin gerichtete, markenrechtliche Abmahnung.
Die Klägerin ist eine deutsche Bekleidungsherstellerin. Sie ist Inhaberin der Bekleidungsmarke „EUREX“ und tritt im geschäftlichen Verkehr zumeist unter ihrem Unternehmensnamen „BRAX“ auf und vertreibt Bekleidungsstücke im Einzelhandel und über das Internet. Die Produkte der Klägerin werden auch von verschiedenen gewerblichen Abnehmerin eigenständig und eigenverantwortlich angeboten und vertrieben.
Die Beklagte ist im Bereich der Herstellung, des Vertriebes und der Lizensierung von Bekleidungsstücken tätig. Sie ist seit 1991 Inhaberin der eingetragenen Wortmarke „SAM“ für Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen.
Eine Abnehmerin der Klägerin bot in einem Online-Shop unter der Bezeichnung „Eurex by Brax ... Modell: Sam“ Hosen der Klägerin an. Die Beklagte sah hierin eine Rechtsverletzung an ihrer eingetragenen Marke „SAM“. Die Beklagte ließ die Abnehmerin mit anwaltlichem Schreiben abmahnen und forderte die Abnehmerin zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf.
Die Klägerin macht nunmehr gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin geltend, gerichtet auf die Unterlassung von Abmahnungen gegenüber ihren Abnehmern, wie im vorliegenden Fall geschehen.
3.2. Begründung des LG München I
Das LG München I gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zu der von der Klägerin begehrten Unterlassung.
Die an die Abnehmerin der Klägerin gerichtete, markenrechtliche Abmahnung sei unbegründet gewesen. Nach Ansicht des Gerichts liege durch das Angebot der Abnehmerin der Klägerin insbesondere keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor. Die Bezeichnung „Eurex by Brax ... Modell: Sam“ für Hosenmodelle stelle in der konkreten Form keine markenmäßige Benutzung dar.
Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob eine Bezeichnung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird, sei die Sichtweise des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, wobei in diesem Zusammenhang auch auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor abzustellen ist.
Für die Frage der markenmäßigen Benutzung eines Zeichens komme es nicht auf dessen Zweckbestimmung durch den Verwender, sondern allein darauf an, ob der angesprochene Verkehr das Zeichen auch als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb versteht.
Im vorliegenden Fall diene die Bezeichnung „Sam“ in der konkreten Art und Weise nicht der Unterscheidung der Waren der Klägerin von denen anderer Unternehmen, sondern einzig der Unterscheidung verschiedener Hosenmodelle innerhalb der Kollektion der Klägerin.
Der angesprochene Verkehr sei durch die von der Klägerin belegte Praxis in der Bekleidungsbranche daran gewöhnt, zur Benennung der Modelle eines Herstellers männliche oder weibliche Vornamen zu verwenden. Dem angesprochenen Verkehr sei auch geläufig, dass sich im Bekleidungssektor diverse Vornamen bei unterschiedlichen Herstellern wiederholen und regelmäßig durch mehrere Hersteller bzw. Anbieter gleichzeitig verwendet werden.
Die Bezeichnung „Sam“ in der streitgegenständlichen Benutzungsform „Modell: Sam“ werde somit vom maßgeblichen Durchschnittsverbraucher dahingehend aufgefasst, dass diese allein dazu dient, das konkrete Hosenmodell zu individualisieren und nicht seiner Herkunft nach, sondern lediglich seiner Art nach zu bezeichnen, um dadurch das Angebot und die Bestellung von Waren eines bereits durch andere Kennzeichen klar und eindeutig erkennbaren Herstellers zu erleichtern.
Auch der Umstand, dass durch Eingabe des Zeichens „Sam“ in Suchmaschinen das konkrete Produkt im Onlineshop der Abnehmerin besser auffindbar ist, begründe für sich genommen nicht die Annahme einer markenmäßigen Benutzung des Zeichens. Zwar könne für eine markenmäßige Verwendung ausreichend sein, dass ein als Suchwort verwendetes Zeichen dazu benutzt wird, das Ergebnis des Auswahlverfahrens in der Trefferliste einer Internetsuchmaschine zu beeinflussen und den Nutzer zu der Internetseite des Verwenders zu führen. Dies gelte jedoch nicht in den Fällen, in denen die angegriffene Bezeichnung auf der aufgefundenen Internetseite, wie hier, nicht markenmäßig verwendet werde.
Die somit unbegründete Abmahnung der Beklagten an die Abnehmerin der Klägerin stelle auch einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin dar (sog. unbegründete Abnehmerverwarnung): Die unbegründete Abnehmerverwarnung könne nämlich trotz eines eigenverantwortlichen Handelns der Abnehmerin zu Verwerfungen im Geschäftsverhältnis der Klägerin zu ihrer Abnehmerin führen und somit den Geschäftsbetrieb der Klägerin beeinträchtigen. Der Klägerin stünde daher der von ihr geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu.
4. Fazit
Die Entscheidung des LG München I veranschaulicht die rechtlichen Risiken, denen eine Markeninhaberin bei einer von ihr ausgesprochenen, unbegründeten Abmahnung ausgesetzt sein kann.
Nach Erhalt einer markenrechtlichen Abmahnung sollte der Abgemahnte immer auch prüfen (lassen), ob durch die ihm vorgehaltene Zeichenverwendung eine markenmäßige Benutzung vorliegt. Ob dies der Fall ist, kann nur unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden.
Dass eine gerichtliche Bewertung des jeweiligen Falles erheblichen rechtlichen Unwägbarkeiten ausgesetzt ist, zeigt das von der hiesigen Beklagten gegen die gewerbliche Abnehmerin vor dem LG und OLG Frankfurt am Main geführte Unterlassungsklageverfahren wegen der von der hiesigen Beklagten gegenüber der Abnehmerin beanstandeten Markenrechtsverletzung: Das LG Frankfurt am Main ging im Ergebnis, entgegen der Auffassung des LG München I, von einer markenmäßigen Benutzung in der hier dargelegten Verwendungsform aus.
Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.10.2017, Az. 6 U 111/16) wies die hiergegen gerichtete Berufung der Abnehmerin zurück. Die Revision ist beim Bundesgerichtshof (BGH) unter dem Aktenzeichen I ZR 195/17 anhängig.
Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 26.09.2017 (LG München I, Az. 33 O 19313/16) entschieden, dass die Bezeichnung „... Modell: Sam“ für Hosenmodelle keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr mit der eingetragenen Marke „SAM“ im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründet, weil in der konkreten Benutzungsform keine „markenmäßige Benutzung“ im Sinne der Herkunftsfunktion der Marke, sondern eine bloße Modellbezeichnung liege.
Die von der beklagten Markeninhaberin an eine Abnehmerin der Klägerin gerichtete, markenrechtliche Abmahnung sei hiernach unberechtigt gewesen und der Klägerin stünden somit Unterlassungsansprüche gegen die beklagte Markeninhaberin wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgebübten Gewerbebetrieb der Klägerin nach §§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB zu.
2. Rechtliche Ausgangslage
2.1. Erfordernis der markenmäßigen Benutzung
Nach § 14 Abs. 5 MarkenG kann der Inhaber einer Marke u. a. von einem Dritten Unterlassung verlangen und damit eine hierauf begründete Abmahnung aussprechen, wenn der Dritte ohne Zustimmung des Inhabers im geschäftlichen Verkehr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ein Zeichen benutzt,
„wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird“ (sog. Verwechslungsgefahr).
Die Hauptfunktion der eingetragenen Marke besteht in der sog. Herkunftsfunktion: Mit der Marke sollen die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens unterschieden werden können. Der Tatbestand der Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt daher grundsätzlich voraus, dass der Verwender das Zeichen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise „markenmäßig benutzt“.
Liegt keine markenmäßige Benutzung vor, fehlt es somit auch an einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr und eine hierauf gestützte Abmahnung des Markeninhabers wäre unbegründet.
2.2. Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bei unberechtigter markenrechtlicher Abmahnung
Die unberechtigte Abmahnung gegenüber einem Unternehmer kann einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des abgemahnten Unternehmers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB und einen Unterlassungsanspruch gegen den Abmahnenden nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog begründen.
Auch wenn eine Abmahnung nicht an den Betriebsinhaber selbst, sondern an seinen gewerblichen Abnehmer gerichtet ist, kann ein rechtswidriger Eingriff in das Recht des Betriebsinhabers in Betracht kommen.
3. Entscheidung des LG München I
3.1. Sachverhalt
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Unterlassung im Zusammenhang mit einer von der Beklagten an eine gewerbliche Abnehmerin der Klägerin gerichtete, markenrechtliche Abmahnung.
Die Klägerin ist eine deutsche Bekleidungsherstellerin. Sie ist Inhaberin der Bekleidungsmarke „EUREX“ und tritt im geschäftlichen Verkehr zumeist unter ihrem Unternehmensnamen „BRAX“ auf und vertreibt Bekleidungsstücke im Einzelhandel und über das Internet. Die Produkte der Klägerin werden auch von verschiedenen gewerblichen Abnehmerin eigenständig und eigenverantwortlich angeboten und vertrieben.
Die Beklagte ist im Bereich der Herstellung, des Vertriebes und der Lizensierung von Bekleidungsstücken tätig. Sie ist seit 1991 Inhaberin der eingetragenen Wortmarke „SAM“ für Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen.
Eine Abnehmerin der Klägerin bot in einem Online-Shop unter der Bezeichnung „Eurex by Brax ... Modell: Sam“ Hosen der Klägerin an. Die Beklagte sah hierin eine Rechtsverletzung an ihrer eingetragenen Marke „SAM“. Die Beklagte ließ die Abnehmerin mit anwaltlichem Schreiben abmahnen und forderte die Abnehmerin zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf.
Die Klägerin macht nunmehr gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin geltend, gerichtet auf die Unterlassung von Abmahnungen gegenüber ihren Abnehmern, wie im vorliegenden Fall geschehen.
3.2. Begründung des LG München I
Das LG München I gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte zu der von der Klägerin begehrten Unterlassung.
Die an die Abnehmerin der Klägerin gerichtete, markenrechtliche Abmahnung sei unbegründet gewesen. Nach Ansicht des Gerichts liege durch das Angebot der Abnehmerin der Klägerin insbesondere keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor. Die Bezeichnung „Eurex by Brax ... Modell: Sam“ für Hosenmodelle stelle in der konkreten Form keine markenmäßige Benutzung dar.
Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob eine Bezeichnung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird, sei die Sichtweise des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, wobei in diesem Zusammenhang auch auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor abzustellen ist.
Für die Frage der markenmäßigen Benutzung eines Zeichens komme es nicht auf dessen Zweckbestimmung durch den Verwender, sondern allein darauf an, ob der angesprochene Verkehr das Zeichen auch als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb versteht.
Im vorliegenden Fall diene die Bezeichnung „Sam“ in der konkreten Art und Weise nicht der Unterscheidung der Waren der Klägerin von denen anderer Unternehmen, sondern einzig der Unterscheidung verschiedener Hosenmodelle innerhalb der Kollektion der Klägerin.
Der angesprochene Verkehr sei durch die von der Klägerin belegte Praxis in der Bekleidungsbranche daran gewöhnt, zur Benennung der Modelle eines Herstellers männliche oder weibliche Vornamen zu verwenden. Dem angesprochenen Verkehr sei auch geläufig, dass sich im Bekleidungssektor diverse Vornamen bei unterschiedlichen Herstellern wiederholen und regelmäßig durch mehrere Hersteller bzw. Anbieter gleichzeitig verwendet werden.
Die Bezeichnung „Sam“ in der streitgegenständlichen Benutzungsform „Modell: Sam“ werde somit vom maßgeblichen Durchschnittsverbraucher dahingehend aufgefasst, dass diese allein dazu dient, das konkrete Hosenmodell zu individualisieren und nicht seiner Herkunft nach, sondern lediglich seiner Art nach zu bezeichnen, um dadurch das Angebot und die Bestellung von Waren eines bereits durch andere Kennzeichen klar und eindeutig erkennbaren Herstellers zu erleichtern.
Auch der Umstand, dass durch Eingabe des Zeichens „Sam“ in Suchmaschinen das konkrete Produkt im Onlineshop der Abnehmerin besser auffindbar ist, begründe für sich genommen nicht die Annahme einer markenmäßigen Benutzung des Zeichens. Zwar könne für eine markenmäßige Verwendung ausreichend sein, dass ein als Suchwort verwendetes Zeichen dazu benutzt wird, das Ergebnis des Auswahlverfahrens in der Trefferliste einer Internetsuchmaschine zu beeinflussen und den Nutzer zu der Internetseite des Verwenders zu führen. Dies gelte jedoch nicht in den Fällen, in denen die angegriffene Bezeichnung auf der aufgefundenen Internetseite, wie hier, nicht markenmäßig verwendet werde.
Die somit unbegründete Abmahnung der Beklagten an die Abnehmerin der Klägerin stelle auch einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin dar (sog. unbegründete Abnehmerverwarnung): Die unbegründete Abnehmerverwarnung könne nämlich trotz eines eigenverantwortlichen Handelns der Abnehmerin zu Verwerfungen im Geschäftsverhältnis der Klägerin zu ihrer Abnehmerin führen und somit den Geschäftsbetrieb der Klägerin beeinträchtigen. Der Klägerin stünde daher der von ihr geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu.
4. Fazit
Die Entscheidung des LG München I veranschaulicht die rechtlichen Risiken, denen eine Markeninhaberin bei einer von ihr ausgesprochenen, unbegründeten Abmahnung ausgesetzt sein kann.
Nach Erhalt einer markenrechtlichen Abmahnung sollte der Abgemahnte immer auch prüfen (lassen), ob durch die ihm vorgehaltene Zeichenverwendung eine markenmäßige Benutzung vorliegt. Ob dies der Fall ist, kann nur unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden.
Dass eine gerichtliche Bewertung des jeweiligen Falles erheblichen rechtlichen Unwägbarkeiten ausgesetzt ist, zeigt das von der hiesigen Beklagten gegen die gewerbliche Abnehmerin vor dem LG und OLG Frankfurt am Main geführte Unterlassungsklageverfahren wegen der von der hiesigen Beklagten gegenüber der Abnehmerin beanstandeten Markenrechtsverletzung: Das LG Frankfurt am Main ging im Ergebnis, entgegen der Auffassung des LG München I, von einer markenmäßigen Benutzung in der hier dargelegten Verwendungsform aus.
Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.10.2017, Az. 6 U 111/16) wies die hiergegen gerichtete Berufung der Abnehmerin zurück. Die Revision ist beim Bundesgerichtshof (BGH) unter dem Aktenzeichen I ZR 195/17 anhängig.
1. Einführung Insbesondere in Großstädten wie Berlin finden sich in Durchgangsbereichen von Mehrfamilienhäusern mit zahlreichen Mietwohnungen (z.B. im Eingang, im Hausflur, im Treppenhaus, im Innenhof oder im Keller) mitunter Videokameras oder auch (nicht ohne Weiteres als solche erkennbare) Videokameratrappen. Die Videokameras werden zumeist auf Geheiß des Eigentümers aufgrund von vermehrt in der Umgebung auftretenden Einbruchsdiebstählen oder Sachbeschädigungen installiert und sollen in der Regel einen Abschreckungseffekt erzielen. Gegebenenfalls gespeicherte Aufzeichnungen können zudem die Aufklärung möglicher Straftaten erleichtern. Auch wenn einzelne Hausbewohner und/oder Nachbarn einer Installation von Videokameras ausdrücklich zustimmen oder diese stillschweigend hinnehmen sollten, kann hieraus regelmäßig nicht der Schluss gezogen werden, dass die durchgeführten Videoüberwachungsmaßnahmen auch vollumfänglich rechtlich zulässig sind. Im Gegenteil beurteilen Zivilgerichte Videoüberwachungsmaßnahmen in Mehrfamilienhäusern und im Nachbarschaftskontext in der Regel im Streitfall sehr kritisch und sehen diese als rechtswidrig an. 2. Gerichtliche Einzelfallentscheidungen zu Videoüberwachungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Mehrfamilienhäusern und Nachbargrundstücken (nicht abschließend) In der Vergangenheit haben Zivilgerichte in Einzelfällen eine private Videoüberwachung • des Außenbereichs vor dem Eingang bei einem Gebäude mit mehreren vermieteten Wohnungen (OLG München NZM 2005, 668; LG Berlin NZM 2001, 207; AG Berlin-Schöneberg BeckRS 2012, 21995), • des für Grundstücknachbarn zugänglichen, öffentlichen Grundstückswegs (BGH NJW 1995, 1955), • des eigenen Grundstücks mit der technischen Möglichkeit, mittels einer beweglichen Videokamera das Nachbargrundstück zu erfassen (AG Brandenburg GRUR-RS 2024, 33940), • des Treppenhauses eines Mehrfamilienhauses (AG München BeckRS 2010, 08929; AG Köln GRUR-RS 2021, 34445), • des Aufzugs eines Mehrfamilienhauses (KG NZM 2009, 736), • der gemeinschaftlichen Waschküche eines Mehrfamilienhauses (OLG Köln NJW 2005, 2997 – hier lag zudem eine heimliche Videoüberwachung vor) und • der Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses (OLG Düsseldorf NJW 2007, 780) als rechtswidrig beurteilt, weil die dortige Videoüberwachung die jeweiligen Kläger (zumeist Mieter oder Nachbarn) in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG verletze. Hieraus resultiert regelmäßig ein Unterlassungsanspruch nach §§ 823 I, 1004 BGB. 3. Die bei privater Videoüberwachung zumeist überragende Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Betroffenen Ob und in welchem Umfang die Fertigung von Videoaufnahmen ohne Einwilligung des Betroffenen in öffentlich (also für Dritte) zugänglichen Bereichen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet oder aber vom Betroffenen hinzunehmen ist, kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) grundsätzlich nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung aller rechtlich, insbesondere auch verfassungsrechtlich, geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter- und Interessenabwägung ermittelt werden (vgl. BGH NJW 1995, 1955, 1957). Auch wenn hiernach stets eine Einzelfallprüfung angezeigt ist, fällt die durchzuführende Abwägung in Fällen von Videoüberwachungen im Wohnraum- und Nachbarschaftskontext in der Regel zugunsten des Persönlichkeitsrechts des von der Videoüberwachung Betroffenen und zu Lasten des die Videoüberwachung durchführenden Eigentümers (vgl. Art. 14 I GG) aus. Auch die Interessen Dritter (z.B. das Eigentum der Mieter oder ihre körperliche Unversehrtheit (vgl. Art. 2 II 1 GG) stehen in der Regel hinter dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des von der Videoüberwachung Betroffenen zurück (vgl. hierzu auch Elzer, NJW 2013, 3537, 3538: ”Abwägung eher ein Lippenbekenntnis, die in aller Regel jedenfalls zu Lasten des Grundstückseigentümers ausfällt...” ). Grund hierfür ist im Wesentlichen, dass mit einer vom Betroffenen nicht kontrollierbaren privaten Videoüberwachung ein zumeist nicht mehr hinnehmbarer ”Überwachungsdruck” einhergeht (vgl. BGH NJW 1995, 1955, 1957). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der von der Videoüberwachung in Wohnbereichen Betroffenen überwiegt grundsätzlich selbst dann, wenn es in der Vergangenheit bereits zu Eigentumsverletzungen, etwa durch Farbschmierereien, sonstige Sachbeschädigungen oder Diebstähle, gekommen ist (vgl. BGH NJW 1995, 1955, 1957) und/oder wenn die Mehrheit der Betroffenen einer Videoüberwachung zugestimmt haben sollte (LG München I BeckRS 2022, 31703: ”Ein Hinweis, dass mehr als 90 % der Bewohner die Videoüberwachung befürworten, macht das fehlende Einverständnis eines Mieters nicht unbeachtlich.” ). Im Verhältnis zu unbeteiligten Dritten hält die Rechtsprechung eine Videoüberwachung allenfalls dann für zulässig, wenn der Überwachende schwerwiegende Beeinträchtigungen seiner Rechte, etwa Angriffe auf seine Person oder seine unmittelbare Wohnsphäre, nicht in anderer Weise zumutbar abwehren kann. In der Regel sei es dem Überwachenden aber möglich und zumutbar, seinen Bereich auf andere Weise zu schützen, etwa durch nächtliche Beleuchtung des Hausflurs, den Einbau einer Schließanlage oder häufigere Kontrollen des Hausmeisters (LG Berlin NZM 2001, 207). 4. Wie wird die Zulässigkeit einer Videokamera-Attrappe beurteilt? Der durch eine nicht als solche erkennbare Videokamera-Attrappe erzeugte Überwachungsdruck entspricht nach Ansicht der Rechtsprechung regelmäßig dem einer funktionsfähigen Videokamera, sodass die Anforderungen an die Rechtfertigung mit der tatsächlichen Überwachung gleichzusetzen seien (vgl. LG Berlin BeckRS 2015, 20834). 5. Welcher Beurteilungsmaßstab gilt nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)? Personenbezogene Daten nach der DSGVO werden mit Videokameras verarbeitet (vgl. Art. 2 I und 4 Nr. 1 und 2 DSGVO), wenn einzelne Personen auf den Bildern eindeutig zu erkennen sind oder die Aufnahmen Rückschlüsse auf die Identität des Gefilmten ermöglichen (vgl. hierzu und zu den nachfolgenden Ausführungen auch die Orientierungshilfe Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen der Datenschutzkonferenz (DSK)). Personen können regelmäßig identifiziert werden, wenn Gesichtszüge erkennbar abgebildet sind. Auch aus den Begleitumständen einer Aufnahme kann sich ein Bezug zu einer bestimmten Person ergeben. Beispielsweise durch ein bestimmtes Körperbild, mitgeführte Gegenstände, besondere oder einzigartige Verhaltensweisen oder durch eine Kombination entsprechender Informationen (Ort, Datum, Zeit, Verhalten, etc.). Durch Videokamera-Attrappen werden grundsätzlich keine personenbezogenen Daten verarbeitet. Daher finden die Vorschriften der DSGVO und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) keine Anwendung. Aufgrund des durch die Videokamera-Attrappe erzeugten Überwachungsdrucks kann jedoch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegen (s.o. unter Ziffer 4.). a) Mögliche Erlaubnistatbestände nach der DSGVO Im Anwendungsbereich der DSGVO ist nach Art. 6 I S. 1 DSGVO eine Datenverarbeitung nur rechtmäßig, wenn mindestens einer der Erlaubnistatbestände nach Art. 6 I lit. a) bis f) DSGVO erfüllt ist. Es gilt somit ein sogenanntes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Im Hinblick auf die mögliche Rechtmäßigkeit von Videoüberwachungsmaßnahmen im Wohnraumkontext ergeben sich hiernach folgende grundsätzliche Erwägungen. aa) Eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO von sämtlichen Betroffenen liegt in der Regel nicht vor Bei einer Videoüberwachung kann der Verantwortliche die gesetzlichen Anforderungen einer Einwilligung nach Art. 7 DSGVO als Erlaubnistatbestand iSd Art. 6 I lit. a) DSGVO in der Regel nicht bei jedem einzelnen Betroffenen erfüllen. Grund dafür ist, dass Kameras regelmäßig (auch) öffentlich zugängliche Räume und damit eine unbestimmte Zahl von Personen überwachen. Daher wird der Verantwortliche mögliche Einwilligungen aller überwachten Personen nur schwer nachweisen können. Zudem müsste sichergestellt sein, dass keine weitere Datenverarbeitung mehr erfolgt und personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, nachdem eine Person ihre Einwilligung widerrufen hat. Das bloße Betreten eines speziell gekennzeichneten Bereichs stellt keine Einwilligung in eine Videoüberwachung dar. bb) Abwägung nach Art. 6 I lit. f) DSGVO als möglicher Erlaubnistatbestand bei Videoüberwachungsmaßnahmen Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Videoüberwachungsmaßnahmen durch sogenannte ”nichtöffentliche Stellen” richtet sich somit grundsätzlich nach den Vorgaben von Art. 6 I lit. f) DSGVO. Danach ist die Verarbeitung rechtmäßig, soweit sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen (vgl. Art. 4 Nr. 7 DSGVO) oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung nach Art. 6 I lit. f) beurteilt sich somit auf Grundlage einer dreistufigen Prüfung (berechtigte Interessen, Erforderlichkeit, Interessenabwägung). Abzustellen ist dabei nicht auf abstrakte oder vergleichbare Sachverhalte. Maßgeblich sind vielmehr auch hier stets die konkreten Umstände des Einzelfalls. Verstöße gegen die DSGVO können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des Betroffenen gegen den Verantwortlichen begründen (vgl. § 823 II BGB i.V.m. Art. 6 I lit. f) DSGVO und § 1004 BGB; Art. 82 I DSGVO) und können aufsichtsrechtliche Maßnahmen, insbesondere die Verhängung eines behördlichen Bußgeldes (vgl. Art. 83 f. DSGVO), zur Folge haben. (1) Berechtigte Interessen Berechtigte Interessen im Rahmen der Abwägung nach Art. 6 I lit. f) DSGVO können solche des Verantwortlichen sein, aber auch sogenannte Drittinteressen. Ein berechtigtes Interesse seitens des Verantwortlichen kann etwa vorliegen, wenn die Videoüberwachung bezweckt, Eigentum vor Einbruch, Diebstahl oder Vandalismus zu schützen und eine konkrete Gefährdungslage gegeben ist. Soweit berechtigte Interessen des Verantwortlichen zu bejahen sind, müssen diese bereits vor der Videoüberwachung für konkret festgelegte Zwecke bestimmt und dokumentiert worden sein. Allgemeine Umschreibungen reichen hierfür grundsätzlich nicht aus. (2) Erforderlichkeit Unter dem Aspekt der Erforderlichkeit ist vor dem Einsatz einer Videoüberwachung zu prüfen, ob mit alternativen (Sicherheits-)Maßnahmen der mit einer Videoüberwachung verfolgte Zweck ebenso gut erreicht werden kann, z.B. durch eine Umzäunung, Kontrollgänge von Bewachungspersonal, Wertschließfächer, heller Beleuchtung, Sicherheitsschlösser, oder einbruchssichere Fenster und Türen. Die Ausschöpfung und Prüfung möglicher alternativer Maßnahmen müssen dabei vorab dokumentiert werden. Auch die technischen Funktionalitäten der eingesetzten Kameras, wie eine hohe Auflösung oder eine unnötige Zoomfunktion und die Form der Beobachtung (z.B. Speicherung der Aufnahmen statt bloßem Monitoring) sind im Rahmen der Erforderlichkeit zu beurteilen. Zu prüfen und zu dokumentieren sind zudem insbesondere auch die Festlegung von Zugriffsberechtigungen und -beschränkungen und die Speicherdauer. (3) Interessenabwägung Auf der dritten Stufe sind im Rahmen einer Interessenabwägung die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (vgl. insbesondere das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 7 GRCh und das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten nach 8 GRCh) sowie die Auswirkungen, die eine Videoüberwachung für diese mit sich bringt, zu berücksichtigen. Gemäß Art. 6 I lit. f DSGVO ist von einer überwiegenden Schutzbedürftigkeit der Betroffeneninteressen insbesondere dann auszugehen, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Je tiefer durch eine Videoüberwachung in die Privat- oder gar die Intimsphäre eingegriffen wird (vgl. hierzu auch den Straftatbestand des § 201a StGB ), umso mehr Gewicht ist dem Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen einzuräumen. Zu berücksichtigen sind dabei etwa der räumliche und zeitliche Umfang der Videoüberwachung und wiederum auch technische Faktoren, wie z.B. die Höhe der Auflösung und Zoom- und Schwenkbarkeit sowie die Speicherung und ggf. Speicherdauer. Nach Erwägungsgrund 47 der DSGVO sind im Rahmen der Interessenabwägung auch die „vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen”, zu berücksichtigen. Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung soll sich daher auch danach beurteilen, ob diese in bestimmten Bereichen der Sozialsphäre (also Bereiche, in denen sich eine Person bewusst in der Öffentlichkeit bewegt) typischerweise akzeptiert oder abgelehnt wird. Von einer fehlenden sozialen Akzeptanz wird regelmäßig insbesondere im Nachbarschaftskontext oder in Individualbereichen wie Wohnen ausgegangen. b) Dokumentations-, Rechenschafts- und Hinweispflichten nach der DSGVO Bei privaten Videoüberwachungen gelten nach der DSGVO zudem umfangreiche Dokumentations- und Rechenschafts- und Hinweispflichten. Zur Dokumentation ist insbesondere ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten gemäß Art. 30 I DSGVO zu erstellen. Im Rahmen seiner Rechenschaftspflicht ist der Verantwortliche verpflichtet, die Einhaltung der Grundsätze des Art. 5 I DSGVO nachweisen zu können (Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz, Zweckbindung, Datenminimierung, Richtigkeit, Speicherbegrenzung, Integrität und Vertraulichkeit). Aus den Vorgaben aus Art. 12 ff. DSGVO ergeben sich zudem umfangreiche Hinweispflichten, wie insbesondere den Hinweis auf den Umstand der Beobachtung durch ein Piktogramm mit Kamerasymbol und die Information über die Identität des für die Videoüberwachung Verantwortlichen und dessen Kontaktdaten (vgl. Art. 13 I und II DSGVO). Auch das Erfordernis der Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 I DSGVO ist vorab zu prüfen. 6. Fazit Eine private Videoüberwachung im Wohnraum- und Nachbarschaftskontext stellt in der Regel einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und zugleich eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der DSGVO dar. Durch die Verwendung einer (nicht als solcher erkennbaren) Videokamera-Attrappe erfolgt zwar in der Regel keine Datenverarbeitung im Sinne der DSGVO. Wegen des erzeugten Überwachungsdrucks kann eine Videokamera-Attrappe jedoch einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründen. Die Einwilligung einzelner Betroffener oder auch einer Mehrheit der Betroffenen in die Durchführung einer privaten Videoüberwachungsmaßnahme führt in der Regel nicht zur Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung in ihrer Gesamtheit. Zumeist wird eine (den Anforderungen der DSGVO genügende) Einwilligung sämtlicher Betroffener aus tatsächlichen Gründen auch nicht eingeholt werden können. Die Rechtmäßigkeit des durch die private Videoüberwachung einhergehenden Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und der mit ihr zugleich erfolgenden Datenverarbeitung ist anhand einer umfassenden Abwägung der vorhandenen Interessen, insbesondere der sich im konkreten Einzelfall gegenüberstehenden Grundrechtsgüter, vorab zu prüfen und zu dokumentieren. In der Regel überwiegt bei einer Videoüberwachung im Wohn- und Nachbarschaftskontext aufgrund des mit ihr einhergehenden Überwachungsdrucks jedoch das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen (insbesondere bei Kindern) die mit der Videoüberwachung verfolgten (berechtigten) Interessen, wie dem Schutz des Eigentums oder der körperlichen Unversehrtheit. Für die Rechtmäßigkeit einer Videoüberwachung nach der DSGVO hat der datenschutzrechtlich Verantwortliche zudem umfangreiche Dokumentations-, Rechenschafts- und Hinweispflichten zu beachten. Sprechen Sie mich gerne an, wenn Sie erwägen sollten, private Videoüberwachungsmaßnahmen zu implementieren (z.B. als Eigentümer oder vom Eigentümer beauftragte Hausverwaltung) oder wenn Sie sich durch private Videoüberwachungsmaßnahmen in ihren Rechten verletzt sehen (z.B. als Mieter oder Nachbar). Als Anwalt für Datenschutzrecht freue ich mich auf Ihre Kontaktaufnahme .
Für die aktuelle Ausgabe 11/2025 der GRUR-Prax durfte ich eine Anmerkung zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster ( Beschluss vom 11.04.2025, Az. 1 L 59/25 ) verfassen. Das VG Münster hatte im einstweiligen Rechtsschutz entschieden, dass eine Stadtbücherei ein von ihr bereitgestelltes Buch mit dem Hinweis versehen darf, dass es sich um ein „Werk mit umstrittenem Inhalt“ handele. Über die Entscheidung war in verschiedenen Medien, wie z.B. LTO , WELT Online oder ZEIT Online berichtet worden.
Das LG Dresden hat mit Urteil vom 29.05.2020 (Az. 6 O 76/20) entschieden, dass die dort beklagte Klinik gegenüber der klagenden ehemaligen Patientin unentgeltlich Auskunft über die von der Klinik gespeicherten personenbezogenen Daten durch Übermittlung der vollständigen Behandlungsdokumentation im pdf-Format zu erteilen habe.
Die offenbar nicht im deutschen Handelsregister eingetragene "Digi Medien GmbH" mit Sitz in der Centerville Rd., New Castle County, 19808 Wilmington Delaware, USA, versendet derzeit zahlreiche Fax-Formulare für einen "Online-Brancheneintrag", "Business Eintrag" oder "Brancheneintrag Berlin" an Arztpraxen, andere Freiberufler und Unternehmen.
Die Datenschutzkonferenz (DSK), das Gremium der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, hat eine neue Orientierungshilfe zur Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen veröffentlicht.
Das Amtsgericht Westerstede hat sich im Rahmen eines Kostenbeschlusses gemäß § 91a ZPO (Beschluss vom 30.12.2019, Az. 27 C 660/19) mit der Frage der rechtlichen Zulässigkeit der Androhung der Weitergabe von personenbezogenen Daten durch Inkassounternehmen an Dritte, wie z.B. Auskunfteien, Dienstleister, Drittschuldner, Einwohnermeldeämter oder Gerichtsvollzieher befasst.
Das OLG Köln hat mit Berufungsurteil vom 06.03.2020 (Az. 6 U 140/19) entschieden, dass die als Blickfang gestaltete Werbung auf der Webseite einer als GbR organisierten Zahnarztpraxis für einen „Zahnärztlichen Notdienst“ in ihrer dortigen konkreten Gestaltung irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 UWG und damit lauterkeitsrechtlich unzulässig ist. Die Werbung erwecke bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verbraucherkreise den Eindruck, dass es sich um einen von der Zahnärztekammer organisierten Notdienst handele. Die von den Beklagten genutzte Internetadresse lasse nicht erkennen, dass es sich um die Webseite einer Praxis oder Zahnklinik handele. Der durch „Runterscrollen“ zu erreichende Hinweis am Ende der Seite, dass es sich nicht um einen Notdienst der Kassenzahnärztlichen Vereinigung oder der örtlichen Zahnärztekammer handele, könne die Irreführung hier nicht beseitigen.
Der Beitrag fasst die wesentlichen Erwägungen des OLG Köln aus seinem Berufungsurteil im Hinblick auf den Irreführungstatbestand nach §
Vor Inkrafttreten der DSGVO bejahten deutsche Gerichte den Ersatz eines immateriellen Schadens („Geldentschädigung“) nur beim Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die DSGVO enthält mit Art. 82 Abs. 1 DSGVO eine zentrale Schadensersatznorm. Danach hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Eine besondere Schwere der Rechtsverletzung ist nach dem Wortlaut der Norm somit nicht erforderlich. Erste veröffentlichte Gerichtsentscheidungen zur Frage eines immateriellen Schadensersatzbegehrens nach der DSGVO deuten darauf hin, dass die deutschen Gerichte die früheren Rechtsprechungsgrundsätze zutreffend auch nicht „1 zu 1“ auf die neue Rechtslage übertragen. Aus größtenteils gut nachvollziehbaren Gründen wurde ein „Schmerzensgeld“ nach der DSGVO von den deutschen Gerichten bislang dennoch zumeist verneint.
Der Beitrag skizziert
Der Beitrag soll einen Überblick zu grundlegenden Fragen der Hemmung der Verjährung von Geldforderungen durch Zustellung eines Mahnbescheids (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) sowie zum regelmäßigen Ablauf eines gerichtlichen Mahnverfahrens (vgl. § 688 ff. ZPO) vermitteln.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 21.02.2019 (Az. I ZR 15/18) entschieden, dass die Vernichtung einer urheberrechtlich geschützten Kunstinstallation durch deren Erwerber und Eigentümer eine Beeinträchtigung des urheberrechtlichen Werkes i. S. d. § 14 UrhG und damit eine Urheberpersönlichkeitsrechtsverletzung darstellt, die grundsätzlich auch Schmerzensgeldansprüche des Urhebers begründen kann.