OLG Saarbrücken: Verband muss UWG-Klagebefugnis auf Verlangen des Abgemahnten schlüssig darlegen
Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa • 2. August 2018
1. Einführung
Das OLG Saarbrücken hat mit Beschluss vom 27.11.2017 (Az. 1 W 38/17) entschieden, dass ein nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugter Verband auf Verlangen des Abgemahnten auch vorgerichtlich schlüssig darlegen muss, dass ihm tatsächlich eine ausreichende Zahl von Mitgliedern angehört. Kommt der Verband dem Verlangen des Abgemahnten vorgerichtlich nicht nach, kann dies zur Folge haben, dass dem Verband, wie im vorliegenden Fall, die Kosten eines von ihm eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens auferlegt werden, weil keine Veranlassung für ein gerichtliches Vorgehen bestand.
2. Rechtliche Ausgangslage
In einer vorgerichtlichen wettbewerbsrechtlichen Abmahnung (vgl. § 12 Abs. 1 UWG) muss der Abmahnende seine Sachbefugnis und das beanstandete Verhalten schlüssig und in nachvollziehbarer Weise darlegen. Beweismittel müssen der Abmahnung grundsätzlich nicht beigefügt werden.
Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche (§ 8 Abs. 1 UWG) können gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG auch von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen geltend gemacht werden,
"soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt."
3. Entscheidung des OLG Saarbrücken
3.1. Sachverhalt und Verfahrensgang
Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder und darauf zu achten, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Zu den Mitgliedern des Antragstellers gehören auch Mitglieder aus dem Heilbereich. Die Antragsgegnerin ist eine im Saarland niedergelassene Ärztin.
Der Antragsteller hält eine von der Antragsgegnerin im Internet veröffentlichte Praxiswerbung betreffend eine Magnetfeldtherapie für wettbewerbswidrig. Die Werbung sei irreführend, weil darin der Magnetfeldtherapie therapeutische Wirkungen zugeschrieben würden, die nicht vorhanden oder zumindest nicht wissenschaftlich belegt seien. Die Werbung verstoße daher gegen § 3 Nr.1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) und sei unlauter gemäß § 3 a UWG. Zugleich liege ein Verstoß gegen das allgemeine wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot des § 5 Abs.1, 2 Nr.1 UWG vor.
Der Antragsteller mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16.06.2017 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.06.2017 bat die Antragsgegnerin um eine Fristverlängerung und um Mitteilung, welche Ärzte dem Antragsteller als Mitglieder angehören bzw. woraus sich die Legitimation des Antragstellers in der vorliegenden Angelegenheit ergebe.
Mit seinem bei Gericht am 30.06.2017 eingegangenen Schriftsatz beantragte der Antragsteller beim Landgericht Saarbrücken den Erlass einer einstweiligen Verfügung, durch die der Antragsgegnerin die beanstandete Werbung für Magnetfeldtherapie gerichtlich untersagt werden sollte. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war dabei auch eine Mitgliederliste des Antragstellers beigefügt.
Die einstweilige Verfügung wurde daraufhin antragsgemäß erlassen und der Antragsgegnerin am 19.07.2017 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 25.07.2017 hat die Antragsgegnerin gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt und zugleich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Die Antragsgegnerin kündigte in ihrem Widerspruch auch an, dass sie sich einer zu erwartenden Erledigungserklärung des Antragstellers unter Verwahrung gegen die Kostenlast anschließen werde. Nach Ansicht der Antragsgegnerin sei das gerichtliche Vorgehen des Antragstellers unnötig gewesen: Hätte der Antragsteller bereits vorgerichtlich die jetzt von ihm vorgelegte Mitgliederliste beigebracht, hätte die Antragsgegnerin auch vorgerichtlich die strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.
Der Antragsteller erklärte daraufhin die Hauptsache für erledigt und beantragte, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antragsteller ist der Ansicht, dass er in der Abmahnung hinreichend zu seiner Sachbefugnis ausgeführt habe, zumal er dort unter Angabe diverser Fundstellen darauf hingewiesen habe, dass der Bundesgerichtshof (BGH) die Klagebefugnis des Antragstellers mehrfach bestätigt habe.
Das Landgericht Saarbrücken entschied daraufhin in einem Beschluss nach § 91a ZPO, dass der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass die Antragsgegnerin keine Veranlassung zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung gegeben habe. Nach dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO (Kosten bei sofortigem Anerkenntnis) habe der Antragsteller daher die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Antragsteller sei auf die Nachfrage der Antragsgegnerin hin gehalten gewesen, näher zu seiner Sachbefugnis vorzutragen. Die Angaben in dem Abmahnschreiben reichten hierzu nicht aus.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
3.2. Begründung des OLG Saarbrücken
Das OLG Saarbrücken hat die Beschwerde des Antragstellers kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das Landgericht habe dem Antragsteller mit zutreffender Begründung die Kosten des Verfahrens auferlegt:
Die Klagebefugnis von rechtsfähigen Verbänden nach § 8 Abs. 3 Nr.2 UWG resultiere aus ihrer Funktion der kollektiven Wahrnehmung von Mitgliederinteressen. Da ein Verband diese Funktion nur erfüllen könne, wenn ihm tatsächlich eine ausreichende Zahl von Mitgliedern angehört, deren Interessen von der Zuwiderhandlung berührt sind, die also Waren oder Dienstleistungen gleicher bzw. verwandter Art auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt vertreiben und dem Abgemahnten deshalb als Wettbewerber begegnen, müsse der Verband diese Voraussetzungen auf Verlangen des Abgemahnten schlüssig darlegen.
Die in dem Abmahnschreiben des Antragstellers enthaltenen Angaben seien dagegen lediglich allgemein gefasst gewesen und hätten keinerlei Bezug zu dem hier räumlich relevanten Markt mit Dienstleistungen ähnlicher Art, nämlich aus heilbehandelnden Berufen, aufgewiesen.
Zwar müsse der abmahnende Verband dem Abgemahnten außergerichtlich nicht zwingend eine anonymisierte Mitgliederliste überlassen. Es bedürfe jedoch einer konkreten Mitteilung, ob der Verband tatsächlich über eine ausreichende Anzahl von Mitgliedern verfügt, die auf dem räumlich relevanten Markt Dienstleistungen ähnlicher Art anbieten.
Auch der Verweis des Antragstellers auf Entscheidungen des BGH, in denen eine Klagebefugnis des Antragstellers bejaht worden sei, führe nicht zu der Annahme, dass die Befugnis ausnahmslos bei Wettbewerbsverstößen jeder Art bzw. dem hier beanstandeten Verstoß vorliege.
Der Antragsteller hätte der Antragsgegnerin daher auf deren anwaltliche Nachfrage hin vorgerichtlich mitteilen müssen, ob und inwiefern ihm eine erhebliche Zahl von Mitgliedern angehört, die auf dem relevanten räumlichen Markt im Heilbehandlungssektor tätig sind.
4. Fazit
Die Entscheidung veranschaulicht die rechtlichen Risiken, denen ein abmahnender Verband bei lediglich allgemein gehaltenen Ausführungen in einer vorgerichtlichen Abmahnung, insbesondere im Hinblick auf seine Klagebefugnis, ausgesetzt ist.
Ein Abgemahnter sollte trotz der Begründung des OLG Saarbrücken nicht davon ausgehen, dass der ihn Abmahnende auf Nachfrage stets zu weiteren Angaben in Bezug auf seine Klagebefugnis gehalten wäre. Die Frage, ob der Abmahnende auf Nachfrage des Abgemahnten weiter ausführen muss und welche Angaben der Abmahnende dabei gegebenenfalls zu machen hat, ist anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.
Das OLG Saarbrücken hat mit Beschluss vom 27.11.2017 (Az. 1 W 38/17) entschieden, dass ein nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugter Verband auf Verlangen des Abgemahnten auch vorgerichtlich schlüssig darlegen muss, dass ihm tatsächlich eine ausreichende Zahl von Mitgliedern angehört. Kommt der Verband dem Verlangen des Abgemahnten vorgerichtlich nicht nach, kann dies zur Folge haben, dass dem Verband, wie im vorliegenden Fall, die Kosten eines von ihm eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens auferlegt werden, weil keine Veranlassung für ein gerichtliches Vorgehen bestand.
2. Rechtliche Ausgangslage
In einer vorgerichtlichen wettbewerbsrechtlichen Abmahnung (vgl. § 12 Abs. 1 UWG) muss der Abmahnende seine Sachbefugnis und das beanstandete Verhalten schlüssig und in nachvollziehbarer Weise darlegen. Beweismittel müssen der Abmahnung grundsätzlich nicht beigefügt werden.
Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche (§ 8 Abs. 1 UWG) können gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG auch von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen geltend gemacht werden,
"soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt."
3. Entscheidung des OLG Saarbrücken
3.1. Sachverhalt und Verfahrensgang
Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder und darauf zu achten, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Zu den Mitgliedern des Antragstellers gehören auch Mitglieder aus dem Heilbereich. Die Antragsgegnerin ist eine im Saarland niedergelassene Ärztin.
Der Antragsteller hält eine von der Antragsgegnerin im Internet veröffentlichte Praxiswerbung betreffend eine Magnetfeldtherapie für wettbewerbswidrig. Die Werbung sei irreführend, weil darin der Magnetfeldtherapie therapeutische Wirkungen zugeschrieben würden, die nicht vorhanden oder zumindest nicht wissenschaftlich belegt seien. Die Werbung verstoße daher gegen § 3 Nr.1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) und sei unlauter gemäß § 3 a UWG. Zugleich liege ein Verstoß gegen das allgemeine wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot des § 5 Abs.1, 2 Nr.1 UWG vor.
Der Antragsteller mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16.06.2017 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.06.2017 bat die Antragsgegnerin um eine Fristverlängerung und um Mitteilung, welche Ärzte dem Antragsteller als Mitglieder angehören bzw. woraus sich die Legitimation des Antragstellers in der vorliegenden Angelegenheit ergebe.
Mit seinem bei Gericht am 30.06.2017 eingegangenen Schriftsatz beantragte der Antragsteller beim Landgericht Saarbrücken den Erlass einer einstweiligen Verfügung, durch die der Antragsgegnerin die beanstandete Werbung für Magnetfeldtherapie gerichtlich untersagt werden sollte. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war dabei auch eine Mitgliederliste des Antragstellers beigefügt.
Die einstweilige Verfügung wurde daraufhin antragsgemäß erlassen und der Antragsgegnerin am 19.07.2017 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 25.07.2017 hat die Antragsgegnerin gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt und zugleich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Die Antragsgegnerin kündigte in ihrem Widerspruch auch an, dass sie sich einer zu erwartenden Erledigungserklärung des Antragstellers unter Verwahrung gegen die Kostenlast anschließen werde. Nach Ansicht der Antragsgegnerin sei das gerichtliche Vorgehen des Antragstellers unnötig gewesen: Hätte der Antragsteller bereits vorgerichtlich die jetzt von ihm vorgelegte Mitgliederliste beigebracht, hätte die Antragsgegnerin auch vorgerichtlich die strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.
Der Antragsteller erklärte daraufhin die Hauptsache für erledigt und beantragte, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antragsteller ist der Ansicht, dass er in der Abmahnung hinreichend zu seiner Sachbefugnis ausgeführt habe, zumal er dort unter Angabe diverser Fundstellen darauf hingewiesen habe, dass der Bundesgerichtshof (BGH) die Klagebefugnis des Antragstellers mehrfach bestätigt habe.
Das Landgericht Saarbrücken entschied daraufhin in einem Beschluss nach § 91a ZPO, dass der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass die Antragsgegnerin keine Veranlassung zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung gegeben habe. Nach dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO (Kosten bei sofortigem Anerkenntnis) habe der Antragsteller daher die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Antragsteller sei auf die Nachfrage der Antragsgegnerin hin gehalten gewesen, näher zu seiner Sachbefugnis vorzutragen. Die Angaben in dem Abmahnschreiben reichten hierzu nicht aus.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
3.2. Begründung des OLG Saarbrücken
Das OLG Saarbrücken hat die Beschwerde des Antragstellers kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das Landgericht habe dem Antragsteller mit zutreffender Begründung die Kosten des Verfahrens auferlegt:
Die Klagebefugnis von rechtsfähigen Verbänden nach § 8 Abs. 3 Nr.2 UWG resultiere aus ihrer Funktion der kollektiven Wahrnehmung von Mitgliederinteressen. Da ein Verband diese Funktion nur erfüllen könne, wenn ihm tatsächlich eine ausreichende Zahl von Mitgliedern angehört, deren Interessen von der Zuwiderhandlung berührt sind, die also Waren oder Dienstleistungen gleicher bzw. verwandter Art auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt vertreiben und dem Abgemahnten deshalb als Wettbewerber begegnen, müsse der Verband diese Voraussetzungen auf Verlangen des Abgemahnten schlüssig darlegen.
Die in dem Abmahnschreiben des Antragstellers enthaltenen Angaben seien dagegen lediglich allgemein gefasst gewesen und hätten keinerlei Bezug zu dem hier räumlich relevanten Markt mit Dienstleistungen ähnlicher Art, nämlich aus heilbehandelnden Berufen, aufgewiesen.
Zwar müsse der abmahnende Verband dem Abgemahnten außergerichtlich nicht zwingend eine anonymisierte Mitgliederliste überlassen. Es bedürfe jedoch einer konkreten Mitteilung, ob der Verband tatsächlich über eine ausreichende Anzahl von Mitgliedern verfügt, die auf dem räumlich relevanten Markt Dienstleistungen ähnlicher Art anbieten.
Auch der Verweis des Antragstellers auf Entscheidungen des BGH, in denen eine Klagebefugnis des Antragstellers bejaht worden sei, führe nicht zu der Annahme, dass die Befugnis ausnahmslos bei Wettbewerbsverstößen jeder Art bzw. dem hier beanstandeten Verstoß vorliege.
Der Antragsteller hätte der Antragsgegnerin daher auf deren anwaltliche Nachfrage hin vorgerichtlich mitteilen müssen, ob und inwiefern ihm eine erhebliche Zahl von Mitgliedern angehört, die auf dem relevanten räumlichen Markt im Heilbehandlungssektor tätig sind.
4. Fazit
Die Entscheidung veranschaulicht die rechtlichen Risiken, denen ein abmahnender Verband bei lediglich allgemein gehaltenen Ausführungen in einer vorgerichtlichen Abmahnung, insbesondere im Hinblick auf seine Klagebefugnis, ausgesetzt ist.
Ein Abgemahnter sollte trotz der Begründung des OLG Saarbrücken nicht davon ausgehen, dass der ihn Abmahnende auf Nachfrage stets zu weiteren Angaben in Bezug auf seine Klagebefugnis gehalten wäre. Die Frage, ob der Abmahnende auf Nachfrage des Abgemahnten weiter ausführen muss und welche Angaben der Abmahnende dabei gegebenenfalls zu machen hat, ist anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.
1. Einführung Insbesondere in Großstädten wie Berlin finden sich in Durchgangsbereichen von Mehrfamilienhäusern mit zahlreichen Mietwohnungen (z.B. im Eingang, im Hausflur, im Treppenhaus, im Innenhof oder im Keller) mitunter Videokameras oder auch (nicht ohne Weiteres als solche erkennbare) Videokameratrappen. Die Videokameras werden zumeist auf Geheiß des Eigentümers aufgrund von vermehrt in der Umgebung auftretenden Einbruchsdiebstählen oder Sachbeschädigungen installiert und sollen in der Regel einen Abschreckungseffekt erzielen. Gegebenenfalls gespeicherte Aufzeichnungen können zudem die Aufklärung möglicher Straftaten erleichtern. Auch wenn einzelne Hausbewohner und/oder Nachbarn einer Installation von Videokameras ausdrücklich zustimmen oder diese stillschweigend hinnehmen sollten, kann hieraus regelmäßig nicht der Schluss gezogen werden, dass die durchgeführten Videoüberwachungsmaßnahmen auch vollumfänglich rechtlich zulässig sind. Im Gegenteil beurteilen Zivilgerichte Videoüberwachungsmaßnahmen in Mehrfamilienhäusern und im Nachbarschaftskontext in der Regel im Streitfall sehr kritisch und sehen diese als rechtswidrig an. 2. Gerichtliche Einzelfallentscheidungen zu Videoüberwachungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Mehrfamilienhäusern und Nachbargrundstücken (nicht abschließend) In der Vergangenheit haben Zivilgerichte in Einzelfällen eine private Videoüberwachung • des Außenbereichs vor dem Eingang bei einem Gebäude mit mehreren vermieteten Wohnungen (OLG München NZM 2005, 668; LG Berlin NZM 2001, 207; AG Berlin-Schöneberg BeckRS 2012, 21995), • des für Grundstücknachbarn zugänglichen, öffentlichen Grundstückswegs (BGH NJW 1995, 1955), • des eigenen Grundstücks mit der technischen Möglichkeit, mittels einer beweglichen Videokamera das Nachbargrundstück zu erfassen (AG Brandenburg GRUR-RS 2024, 33940), • des Treppenhauses eines Mehrfamilienhauses (AG München BeckRS 2010, 08929; AG Köln GRUR-RS 2021, 34445), • des Aufzugs eines Mehrfamilienhauses (KG NZM 2009, 736), • der gemeinschaftlichen Waschküche eines Mehrfamilienhauses (OLG Köln NJW 2005, 2997 – hier lag zudem eine heimliche Videoüberwachung vor) und • der Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses (OLG Düsseldorf NJW 2007, 780) als rechtswidrig beurteilt, weil die dortige Videoüberwachung die jeweiligen Kläger (zumeist Mieter oder Nachbarn) in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG verletze. Hieraus resultiert regelmäßig ein Unterlassungsanspruch nach §§ 823 I, 1004 BGB. 3. Die bei privater Videoüberwachung zumeist überragende Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Betroffenen Ob und in welchem Umfang die Fertigung von Videoaufnahmen ohne Einwilligung des Betroffenen in öffentlich (also für Dritte) zugänglichen Bereichen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet oder aber vom Betroffenen hinzunehmen ist, kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) grundsätzlich nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung aller rechtlich, insbesondere auch verfassungsrechtlich, geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter- und Interessenabwägung ermittelt werden (vgl. BGH NJW 1995, 1955, 1957). Auch wenn hiernach stets eine Einzelfallprüfung angezeigt ist, fällt die durchzuführende Abwägung in Fällen von Videoüberwachungen im Wohnraum- und Nachbarschaftskontext in der Regel zugunsten des Persönlichkeitsrechts des von der Videoüberwachung Betroffenen und zu Lasten des die Videoüberwachung durchführenden Eigentümers (vgl. Art. 14 I GG) aus. Auch die Interessen Dritter (z.B. das Eigentum der Mieter oder ihre körperliche Unversehrtheit (vgl. Art. 2 II 1 GG) stehen in der Regel hinter dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des von der Videoüberwachung Betroffenen zurück (vgl. hierzu auch Elzer, NJW 2013, 3537, 3538: ”Abwägung eher ein Lippenbekenntnis, die in aller Regel jedenfalls zu Lasten des Grundstückseigentümers ausfällt...” ). Grund hierfür ist im Wesentlichen, dass mit einer vom Betroffenen nicht kontrollierbaren privaten Videoüberwachung ein zumeist nicht mehr hinnehmbarer ”Überwachungsdruck” einhergeht (vgl. BGH NJW 1995, 1955, 1957). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der von der Videoüberwachung in Wohnbereichen Betroffenen überwiegt grundsätzlich selbst dann, wenn es in der Vergangenheit bereits zu Eigentumsverletzungen, etwa durch Farbschmierereien, sonstige Sachbeschädigungen oder Diebstähle, gekommen ist (vgl. BGH NJW 1995, 1955, 1957) und/oder wenn die Mehrheit der Betroffenen einer Videoüberwachung zugestimmt haben sollte (LG München I BeckRS 2022, 31703: ”Ein Hinweis, dass mehr als 90 % der Bewohner die Videoüberwachung befürworten, macht das fehlende Einverständnis eines Mieters nicht unbeachtlich.” ). Im Verhältnis zu unbeteiligten Dritten hält die Rechtsprechung eine Videoüberwachung allenfalls dann für zulässig, wenn der Überwachende schwerwiegende Beeinträchtigungen seiner Rechte, etwa Angriffe auf seine Person oder seine unmittelbare Wohnsphäre, nicht in anderer Weise zumutbar abwehren kann. In der Regel sei es dem Überwachenden aber möglich und zumutbar, seinen Bereich auf andere Weise zu schützen, etwa durch nächtliche Beleuchtung des Hausflurs, den Einbau einer Schließanlage oder häufigere Kontrollen des Hausmeisters (LG Berlin NZM 2001, 207). 4. Wie wird die Zulässigkeit einer Videokamera-Attrappe beurteilt? Der durch eine nicht als solche erkennbare Videokamera-Attrappe erzeugte Überwachungsdruck entspricht nach Ansicht der Rechtsprechung regelmäßig dem einer funktionsfähigen Videokamera, sodass die Anforderungen an die Rechtfertigung mit der tatsächlichen Überwachung gleichzusetzen seien (vgl. LG Berlin BeckRS 2015, 20834). 5. Welcher Beurteilungsmaßstab gilt nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)? Personenbezogene Daten nach der DSGVO werden mit Videokameras verarbeitet (vgl. Art. 2 I und 4 Nr. 1 und 2 DSGVO), wenn einzelne Personen auf den Bildern eindeutig zu erkennen sind oder die Aufnahmen Rückschlüsse auf die Identität des Gefilmten ermöglichen (vgl. hierzu und zu den nachfolgenden Ausführungen auch die Orientierungshilfe Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen der Datenschutzkonferenz (DSK)). Personen können regelmäßig identifiziert werden, wenn Gesichtszüge erkennbar abgebildet sind. Auch aus den Begleitumständen einer Aufnahme kann sich ein Bezug zu einer bestimmten Person ergeben. Beispielsweise durch ein bestimmtes Körperbild, mitgeführte Gegenstände, besondere oder einzigartige Verhaltensweisen oder durch eine Kombination entsprechender Informationen (Ort, Datum, Zeit, Verhalten, etc.). Durch Videokamera-Attrappen werden grundsätzlich keine personenbezogenen Daten verarbeitet. Daher finden die Vorschriften der DSGVO und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) keine Anwendung. Aufgrund des durch die Videokamera-Attrappe erzeugten Überwachungsdrucks kann jedoch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegen (s.o. unter Ziffer 4.). a) Mögliche Erlaubnistatbestände nach der DSGVO Im Anwendungsbereich der DSGVO ist nach Art. 6 I S. 1 DSGVO eine Datenverarbeitung nur rechtmäßig, wenn mindestens einer der Erlaubnistatbestände nach Art. 6 I lit. a) bis f) DSGVO erfüllt ist. Es gilt somit ein sogenanntes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Im Hinblick auf die mögliche Rechtmäßigkeit von Videoüberwachungsmaßnahmen im Wohnraumkontext ergeben sich hiernach folgende grundsätzliche Erwägungen. aa) Eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO von sämtlichen Betroffenen liegt in der Regel nicht vor Bei einer Videoüberwachung kann der Verantwortliche die gesetzlichen Anforderungen einer Einwilligung nach Art. 7 DSGVO als Erlaubnistatbestand iSd Art. 6 I lit. a) DSGVO in der Regel nicht bei jedem einzelnen Betroffenen erfüllen. Grund dafür ist, dass Kameras regelmäßig (auch) öffentlich zugängliche Räume und damit eine unbestimmte Zahl von Personen überwachen. Daher wird der Verantwortliche mögliche Einwilligungen aller überwachten Personen nur schwer nachweisen können. Zudem müsste sichergestellt sein, dass keine weitere Datenverarbeitung mehr erfolgt und personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, nachdem eine Person ihre Einwilligung widerrufen hat. Das bloße Betreten eines speziell gekennzeichneten Bereichs stellt keine Einwilligung in eine Videoüberwachung dar. bb) Abwägung nach Art. 6 I lit. f) DSGVO als möglicher Erlaubnistatbestand bei Videoüberwachungsmaßnahmen Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Videoüberwachungsmaßnahmen durch sogenannte ”nichtöffentliche Stellen” richtet sich somit grundsätzlich nach den Vorgaben von Art. 6 I lit. f) DSGVO. Danach ist die Verarbeitung rechtmäßig, soweit sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen (vgl. Art. 4 Nr. 7 DSGVO) oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung nach Art. 6 I lit. f) beurteilt sich somit auf Grundlage einer dreistufigen Prüfung (berechtigte Interessen, Erforderlichkeit, Interessenabwägung). Abzustellen ist dabei nicht auf abstrakte oder vergleichbare Sachverhalte. Maßgeblich sind vielmehr auch hier stets die konkreten Umstände des Einzelfalls. Verstöße gegen die DSGVO können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des Betroffenen gegen den Verantwortlichen begründen (vgl. § 823 II BGB i.V.m. Art. 6 I lit. f) DSGVO und § 1004 BGB; Art. 82 I DSGVO) und können aufsichtsrechtliche Maßnahmen, insbesondere die Verhängung eines behördlichen Bußgeldes (vgl. Art. 83 f. DSGVO), zur Folge haben. (1) Berechtigte Interessen Berechtigte Interessen im Rahmen der Abwägung nach Art. 6 I lit. f) DSGVO können solche des Verantwortlichen sein, aber auch sogenannte Drittinteressen. Ein berechtigtes Interesse seitens des Verantwortlichen kann etwa vorliegen, wenn die Videoüberwachung bezweckt, Eigentum vor Einbruch, Diebstahl oder Vandalismus zu schützen und eine konkrete Gefährdungslage gegeben ist. Soweit berechtigte Interessen des Verantwortlichen zu bejahen sind, müssen diese bereits vor der Videoüberwachung für konkret festgelegte Zwecke bestimmt und dokumentiert worden sein. Allgemeine Umschreibungen reichen hierfür grundsätzlich nicht aus. (2) Erforderlichkeit Unter dem Aspekt der Erforderlichkeit ist vor dem Einsatz einer Videoüberwachung zu prüfen, ob mit alternativen (Sicherheits-)Maßnahmen der mit einer Videoüberwachung verfolgte Zweck ebenso gut erreicht werden kann, z.B. durch eine Umzäunung, Kontrollgänge von Bewachungspersonal, Wertschließfächer, heller Beleuchtung, Sicherheitsschlösser, oder einbruchssichere Fenster und Türen. Die Ausschöpfung und Prüfung möglicher alternativer Maßnahmen müssen dabei vorab dokumentiert werden. Auch die technischen Funktionalitäten der eingesetzten Kameras, wie eine hohe Auflösung oder eine unnötige Zoomfunktion und die Form der Beobachtung (z.B. Speicherung der Aufnahmen statt bloßem Monitoring) sind im Rahmen der Erforderlichkeit zu beurteilen. Zu prüfen und zu dokumentieren sind zudem insbesondere auch die Festlegung von Zugriffsberechtigungen und -beschränkungen und die Speicherdauer. (3) Interessenabwägung Auf der dritten Stufe sind im Rahmen einer Interessenabwägung die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (vgl. insbesondere das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 7 GRCh und das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten nach 8 GRCh) sowie die Auswirkungen, die eine Videoüberwachung für diese mit sich bringt, zu berücksichtigen. Gemäß Art. 6 I lit. f DSGVO ist von einer überwiegenden Schutzbedürftigkeit der Betroffeneninteressen insbesondere dann auszugehen, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Je tiefer durch eine Videoüberwachung in die Privat- oder gar die Intimsphäre eingegriffen wird (vgl. hierzu auch den Straftatbestand des § 201a StGB ), umso mehr Gewicht ist dem Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen einzuräumen. Zu berücksichtigen sind dabei etwa der räumliche und zeitliche Umfang der Videoüberwachung und wiederum auch technische Faktoren, wie z.B. die Höhe der Auflösung und Zoom- und Schwenkbarkeit sowie die Speicherung und ggf. Speicherdauer. Nach Erwägungsgrund 47 der DSGVO sind im Rahmen der Interessenabwägung auch die „vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen”, zu berücksichtigen. Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung soll sich daher auch danach beurteilen, ob diese in bestimmten Bereichen der Sozialsphäre (also Bereiche, in denen sich eine Person bewusst in der Öffentlichkeit bewegt) typischerweise akzeptiert oder abgelehnt wird. Von einer fehlenden sozialen Akzeptanz wird regelmäßig insbesondere im Nachbarschaftskontext oder in Individualbereichen wie Wohnen ausgegangen. b) Dokumentations-, Rechenschafts- und Hinweispflichten nach der DSGVO Bei privaten Videoüberwachungen gelten nach der DSGVO zudem umfangreiche Dokumentations- und Rechenschafts- und Hinweispflichten. Zur Dokumentation ist insbesondere ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten gemäß Art. 30 I DSGVO zu erstellen. Im Rahmen seiner Rechenschaftspflicht ist der Verantwortliche verpflichtet, die Einhaltung der Grundsätze des Art. 5 I DSGVO nachweisen zu können (Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz, Zweckbindung, Datenminimierung, Richtigkeit, Speicherbegrenzung, Integrität und Vertraulichkeit). Aus den Vorgaben aus Art. 12 ff. DSGVO ergeben sich zudem umfangreiche Hinweispflichten, wie insbesondere den Hinweis auf den Umstand der Beobachtung durch ein Piktogramm mit Kamerasymbol und die Information über die Identität des für die Videoüberwachung Verantwortlichen und dessen Kontaktdaten (vgl. Art. 13 I und II DSGVO). Auch das Erfordernis der Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 I DSGVO ist vorab zu prüfen. 6. Fazit Eine private Videoüberwachung im Wohnraum- und Nachbarschaftskontext stellt in der Regel einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und zugleich eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der DSGVO dar. Durch die Verwendung einer (nicht als solcher erkennbaren) Videokamera-Attrappe erfolgt zwar in der Regel keine Datenverarbeitung im Sinne der DSGVO. Wegen des erzeugten Überwachungsdrucks kann eine Videokamera-Attrappe jedoch einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründen. Die Einwilligung einzelner Betroffener oder auch einer Mehrheit der Betroffenen in die Durchführung einer privaten Videoüberwachungsmaßnahme führt in der Regel nicht zur Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung in ihrer Gesamtheit. Zumeist wird eine (den Anforderungen der DSGVO genügende) Einwilligung sämtlicher Betroffener aus tatsächlichen Gründen auch nicht eingeholt werden können. Die Rechtmäßigkeit des durch die private Videoüberwachung einhergehenden Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und der mit ihr zugleich erfolgenden Datenverarbeitung ist anhand einer umfassenden Abwägung der vorhandenen Interessen, insbesondere der sich im konkreten Einzelfall gegenüberstehenden Grundrechtsgüter, vorab zu prüfen und zu dokumentieren. In der Regel überwiegt bei einer Videoüberwachung im Wohn- und Nachbarschaftskontext aufgrund des mit ihr einhergehenden Überwachungsdrucks jedoch das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen (insbesondere bei Kindern) die mit der Videoüberwachung verfolgten (berechtigten) Interessen, wie dem Schutz des Eigentums oder der körperlichen Unversehrtheit. Für die Rechtmäßigkeit einer Videoüberwachung nach der DSGVO hat der datenschutzrechtlich Verantwortliche zudem umfangreiche Dokumentations-, Rechenschafts- und Hinweispflichten zu beachten. Sprechen Sie mich gerne an, wenn Sie erwägen sollten, private Videoüberwachungsmaßnahmen zu implementieren (z.B. als Eigentümer oder vom Eigentümer beauftragte Hausverwaltung) oder wenn Sie sich durch private Videoüberwachungsmaßnahmen in ihren Rechten verletzt sehen (z.B. als Mieter oder Nachbar). Als Anwalt für Datenschutzrecht freue ich mich auf Ihre Kontaktaufnahme .
Für die aktuelle Ausgabe 11/2025 der GRUR-Prax durfte ich eine Anmerkung zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster ( Beschluss vom 11.04.2025, Az. 1 L 59/25 ) verfassen. Das VG Münster hatte im einstweiligen Rechtsschutz entschieden, dass eine Stadtbücherei ein von ihr bereitgestelltes Buch mit dem Hinweis versehen darf, dass es sich um ein „Werk mit umstrittenem Inhalt“ handele. Über die Entscheidung war in verschiedenen Medien, wie z.B. LTO , WELT Online oder ZEIT Online berichtet worden.
Das LG Dresden hat mit Urteil vom 29.05.2020 (Az. 6 O 76/20) entschieden, dass die dort beklagte Klinik gegenüber der klagenden ehemaligen Patientin unentgeltlich Auskunft über die von der Klinik gespeicherten personenbezogenen Daten durch Übermittlung der vollständigen Behandlungsdokumentation im pdf-Format zu erteilen habe.
Die offenbar nicht im deutschen Handelsregister eingetragene "Digi Medien GmbH" mit Sitz in der Centerville Rd., New Castle County, 19808 Wilmington Delaware, USA, versendet derzeit zahlreiche Fax-Formulare für einen "Online-Brancheneintrag", "Business Eintrag" oder "Brancheneintrag Berlin" an Arztpraxen, andere Freiberufler und Unternehmen.
Die Datenschutzkonferenz (DSK), das Gremium der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, hat eine neue Orientierungshilfe zur Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen veröffentlicht.
Das Amtsgericht Westerstede hat sich im Rahmen eines Kostenbeschlusses gemäß § 91a ZPO (Beschluss vom 30.12.2019, Az. 27 C 660/19) mit der Frage der rechtlichen Zulässigkeit der Androhung der Weitergabe von personenbezogenen Daten durch Inkassounternehmen an Dritte, wie z.B. Auskunfteien, Dienstleister, Drittschuldner, Einwohnermeldeämter oder Gerichtsvollzieher befasst.
Das OLG Köln hat mit Berufungsurteil vom 06.03.2020 (Az. 6 U 140/19) entschieden, dass die als Blickfang gestaltete Werbung auf der Webseite einer als GbR organisierten Zahnarztpraxis für einen „Zahnärztlichen Notdienst“ in ihrer dortigen konkreten Gestaltung irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 UWG und damit lauterkeitsrechtlich unzulässig ist. Die Werbung erwecke bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verbraucherkreise den Eindruck, dass es sich um einen von der Zahnärztekammer organisierten Notdienst handele. Die von den Beklagten genutzte Internetadresse lasse nicht erkennen, dass es sich um die Webseite einer Praxis oder Zahnklinik handele. Der durch „Runterscrollen“ zu erreichende Hinweis am Ende der Seite, dass es sich nicht um einen Notdienst der Kassenzahnärztlichen Vereinigung oder der örtlichen Zahnärztekammer handele, könne die Irreführung hier nicht beseitigen.
Der Beitrag fasst die wesentlichen Erwägungen des OLG Köln aus seinem Berufungsurteil im Hinblick auf den Irreführungstatbestand nach §
Vor Inkrafttreten der DSGVO bejahten deutsche Gerichte den Ersatz eines immateriellen Schadens („Geldentschädigung“) nur beim Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die DSGVO enthält mit Art. 82 Abs. 1 DSGVO eine zentrale Schadensersatznorm. Danach hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Eine besondere Schwere der Rechtsverletzung ist nach dem Wortlaut der Norm somit nicht erforderlich. Erste veröffentlichte Gerichtsentscheidungen zur Frage eines immateriellen Schadensersatzbegehrens nach der DSGVO deuten darauf hin, dass die deutschen Gerichte die früheren Rechtsprechungsgrundsätze zutreffend auch nicht „1 zu 1“ auf die neue Rechtslage übertragen. Aus größtenteils gut nachvollziehbaren Gründen wurde ein „Schmerzensgeld“ nach der DSGVO von den deutschen Gerichten bislang dennoch zumeist verneint.
Der Beitrag skizziert
Der Beitrag soll einen Überblick zu grundlegenden Fragen der Hemmung der Verjährung von Geldforderungen durch Zustellung eines Mahnbescheids (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) sowie zum regelmäßigen Ablauf eines gerichtlichen Mahnverfahrens (vgl. § 688 ff. ZPO) vermitteln.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 21.02.2019 (Az. I ZR 15/18) entschieden, dass die Vernichtung einer urheberrechtlich geschützten Kunstinstallation durch deren Erwerber und Eigentümer eine Beeinträchtigung des urheberrechtlichen Werkes i. S. d. § 14 UrhG und damit eine Urheberpersönlichkeitsrechtsverletzung darstellt, die grundsätzlich auch Schmerzensgeldansprüche des Urhebers begründen kann.